The Black Cat

Masters of Horror: The Black Cat

Masters of Horror: The Black Cat; Regie: Stuart Gordon; USA, 2007.

Darsteller:
Jeffrey Combs (Edgar Allan Poe), Elyse Levesque (Virginia Poe), Aron Tager (George Graham), Eric Keenleyside (Sgt. Booker), Patrick Gallagher (Barman), Christopher Heyerdahl (Rufus Griswold), Ken Kramer (Doctor), Ian Alexander Martin (Mr. Fordham), Ryan Crocker (Policeman) …

Inhalt:
Philadelphia, um 1840: Der Schriftsteller Edgar Allan Poe lebt in ärmlichen Verhältnissen. Während er für viel zu knappes Geld seine Kurzgeschichten an Zeitschriften verkauft, siecht seine Frau an Schwindsucht dahin. Immer häufiger sucht Poe Zuflucht und Trost im Alkohol. Im Wahn der Trunkenheit fühlt er sich mehr und mehr von der schwarzen Katze seiner Frau verfolgt. Er sticht dem Tier ein Auge aus und erhängt es schließlich. Doch nach einigen Tagen kommt eine Katze ins Haus, die der ersten aufs Haar ähnelt. Als diese ihm im Keller mal wieder in die Quere kommt, will er sie mit einer Axt erschlagen, tötet aber versehentlich seine Frau, als sich diese dazwischenwirft. Den Leichnam mauert er in einer Kellernische ein. Doch schon bald kommen Polizeibeamte und schauen sich das Haus sehr genau an …

Kritik:
„Noch waren meine Schläge nicht in der Stille verhallt, da schallte es mir Antwort aus dem Grabesinnern! – ein Stimmlaut – wie ein Weinen, erst gedämpft, gebrochen, dem Wimmern eines Kindes gleich, doch dann – dann schnell anschwellend in ein einziges grelles, lang anhaltendes Geschrei – ein Heulen – ein Klag-Geschrill, aus Grauen halb und halb mit Triumph gemischt, so widermenschlich und -natürlich, dass es nur aus der Hölle selbst heraufgedrungen sein konnte, vereinigt aus den Kehlen der Verdammten in ihrer Pein und der Dämonen, die ob der Qualen jauchzen und frohlocken“ (Edgar Allan Poe, Der Schwarze Kater).

Die Kurzgeschichte „The Black Cat“, hierzulande unter dem Titel „Der schwarze Kater“ erschienen, geht sicher zu den eindringlichsten und schauerlichsten Erzählungen, die Edgar Allan Poe jemals verfasst hat. Gleichzeitig stellt sie die Anamnese eines Alkoholkranken mit durchaus autobiographischen Zügen dar. Und so ist es nur auf den ersten Blick überraschend, dass Stuart Gordon, bislang vor allem durch Lovecraft-Adaptionen wie „Re-Animator“ oder „Dagon“ bekanntgeworden, die auktoriale Erzählweise für bare Münze nimmt und gemeinsam mit seinem langjährigen Mitstreiter Dennis Paoli kurzerhand den Schriftsteller selbst zum Protagonisten macht. Dabei herausgekommen ist die vielleicht beste, in jedem Fall aber werktreueste Umsetzung der literarischen Vorlage, an der sich vor ihm auch schon Größen wie Roger Corman („Tales of Terror„, 1962) oder Dario Argento („Two Evil Eyes„, 1990) versucht haben.

Wie in fast all seinen Filmen besetzte Gordon die Hauptrolle mit seinem Stammdarsteller Jeffrey Combs, bei dem die Maskenbildner – unter anderem mit künstlicher Nase – ganze Arbeit leisteten, so dass die Ähnlichkeit zu Poe, wie wir ihn vor allem von der berühmten Daguerreotypie von W.S. Hartshorn kennen, wahrlich verblüffend ist. Die gelungene Verwandlung rundet Combs mit einer Darstellkunst ab, die knapp am Rande des Over-Acting balanciert und einmal mehr zeigt, was für ein großartiger Schauspieler er ist. Er stellt Poe dar als zügellosen, unbeherrschten und gerne auch pathetischen Gefühlsmenschen, der auf dem schmalen Grat zwischen Genie und Wahnsinn haltlos immer weiter in seine dunklen Phantasien abdriftet. Die restliche Besetzung verblasst dagegen zwangsläufig ein wenig, hält aber gut mit: Aron Tager darf als launisch-launiger Herausgeber des Graham’s Magazine mit zeitgenössischem Wangenbart interessante Akzente setzen, und Elyse Levesque überzeugt als Poes junge Frau Virginia vor allem durch ihre ätherisch-filigrane Ausstrahlung.

Um die Historizität der Geschichte zu betonen, arbeitete Gordon mit zurückgenommenen Sepiafarben, was den Bildern eine ebenso elegante wie eindringliche Optik verleiht. Dies umso mehr, als dass das Rot des Blutes aus diesem verhaltenen Farbkanon herausgenommen wurde und dem Betrachter in greller Brillanz entgegenleuchtet. Und Blut fließt reichlich, denn nur zu gerne wird Stuart Gordon seinem Ruf als Master of Splatter gerecht. Mehr noch als ein grafisch äußerst explizit ausgeführter Axthieb mitten ins Gesicht wird sicher vor allem Tierliebhaber die genüsslich herangezoomte Szene schocken, als der Katze das Auge ausgestochen wird. Insbesondere der Kontrast zur ansonsten eher gemächlichen Gangart der Episode lässt die spärlich gesäten Splattereinlagen umso wirkungsvoller erscheinen. Die FSK-16-Freigabe muss sehr, sehr knapp gewesen sein.

Ein wenig zu kämpfen hat Gordon damit, dass der Plot von „The Black Cat“ auch in 20 Minuten hinreichend erzählt wäre, und so dauert es recht lange, bis man sich überhaupt erst zum Kern der Geschichte vorgearbeitet hat. Doch wird diese Hürde elegant dadurch gemeistert, dass mit einem (frei erfundenen) Scheintod von Poes Frau auch das vom Dichter so häufig thematisierte Lebendig-begraben-Sein seine Würdigung erfährt. Die verbliebenen Längen werden dann gerne mal mit netten Running Gags wie dem wiederholten Im-hohen-Bogen-Herausfliegen des trunkenen Protagonisten aus seiner Stammkneipe gewürzt. Und schließlich darf der Kniff mit dem Autor als Protagonisten sogar zu einem, wenn auch verhaltenen, Happy End führen. Fazit: Stuart Gordon und sein Team liefern nicht nur eine „Masters of Horror“-Episode ab, die voll und ganz überzeugt, sondern setzen auch die Messlatte für kommende Poe-Verfilmungen ein ganzes Stück höher.



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