Incident On and Off a Mountain Road

Masters of Horror: Incident On and Off a Mountain Road

Masters of Horror: Incident On and Off a Mountain Road; Regie: Don Coscarelli; USA, 2005.

Darsteller:
Bree Turner (Ellen), Angus Scrimm (Buddy), John DeSantis (Moonface), Ethan Embry (Bruce), Heather Feeney (junge Frau) …

Inhalt:
Als Ellen aufwacht, befindet sie sich auf einer einsamen Landstraße, doch was ist ihr bloß passiert? Alles, woran sie sich erinnern kann, ist, dass sie mit dem Auto unterwegs war und dann dieser furchtbare Unfall … Aber wo ist der Unfallgegner? In dem Wagen vor ihr sitzt keiner mehr, aber auf dem Sitz sind Blutspuren. Ohne viel nachzudenken macht sich Ellen auf den Weg, den Verletzten zu suchen. Ein großer Fehler, denn im nahe gelegenen Wald wartet etwas auf sie, das noch viel schlimmer ist als der Tod!

Kritik:
Die – natürlich! – 13-teilige Serie „Masters of Horror“ wurde fürs US-Fernsehen produziert und bot teils sehr namhaften Horrorregisseuren die Gelegenheit, sich in einer knappen Stunde und unter annähernd gleichen Rahmenbedingungen (beispielsweise nur 10 Drehtage) voll und ganz auszutoben: Da ohnehin im Privatfernsehen und Pay-TV ausgestrahlt, gab es kaum Zensurbeschränkungen, und thematisch gab es schon gar keine Vorlagen oder Richtschnüre. Heraus kamen, was niemanden überrascht, jeweils knapp eine Stunde dauernde Horrorfilme, wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten – zwischen Genialität und plattem Stumpfsinn wurde alles ausgelotet, was das Genre hergibt.

Der erste Beitrag zur Serie erreicht zwar nicht ganz die Genialitätsmarke, weiß aber dennoch auf voller Linie zu überzeugen. Don Coscarelli ist Genrefans durch seine Reihe „Das Böse – Phantasm“ bekannt und als kleine Reminiszenz gibt es ein Wiedersehen mit Angus Scrimm, dem „Tall Man“ aus „Das Böse“, der hier einen alten Mann spielt, der in der Gefangenschaft des verunstalteten Hünen verrückt geworden ist und mit skurrilen Sprüchen als bizarres Comic Relief funktioniert.

Doch genug des Vorgreifens: Zunächst sehen wir eine junge, ungewöhnlich ernst wirkende Frau (Bree Turner) durch ausgedehnte Wälder fahren, das Radio dudelt, das Unheil dräut. Und tatsächlich stößt sie durch Unachtsamkeit mit einem Wagen zusammen, der verlassen hinter einer Kurve steht, und gerät auf der Suche nach den Insassen an bereits erwähnten Hünen (John De Santis), der mit einem großen Messer bewaffnet ist und erkennbar nichts Gutes im Schilde führt. Es entwickelt sich eine atemlose, mit raschen Schnitten stakkatohaft inszenierte Verfolgungsjagd, an deren Ende Ellen (so heißt unsere Heldin) schließlich doch zur Gefangenen des psychopathischen Hinterwäldlers wird.

Unverkennbar visualisiert Coscarelli seine Liebe zu alten Backwood- und Slasherfilmen der 70er, als fieses Aussehen noch genug Motivation für die Bösen war, böse zu sein. Der namenlose Hüne, über dessen Herkunft man nichts erfährt, hat die Angewohnheit, seinen Opfern mit einer grotesken, an Mad-Scientist-Labore erinnernden Augenausstechmaschine die Augen auszustechen und sie alsdann blasphemisch ans Kreuz zu nageln – die schaurig-atmosphärisch gelungenen Bilder der Halbverwesten im Mondschein bedienen sich ganz ungeniert der Gruselästhetik der Prolog-Friedhofsaufnahmen aus „The Texas Chainsaw Massacre„. Die Waldhütte wiederum scheint direkt aus „Tanz der Teufel“ entsprungen zu sein und kann sogar mit einem veritablen Keller aufwarten.

Doch Coscarelli setzt nicht auf düster-dreckige Optik, sondern auf einen eher edlen Stil, was auch viel besser zu seiner Geschichte passt. Denn der sattsam bekannte Backwood-Plot ist nur Rahmen für die eigentliche Geschichte, die wir in geschickt eingeschnittenen Rückblenden serviert bekommen: Ellen verliebt sich in Bruce, einen harten Macho, der sich nach der Heirat mehr und mehr als paranoider Survivalfreak entpuppt, der nur Selbstverteidigungstraining im Kopf hat – immerhin aber Ellen das Rüstzeug mit auf den Weg gibt, gegen ihren scheinbar übermächtigen Gegner bestehen zu können.

Der Film macht Lust auf mehr aus der Serie. Gekonnt instrumentalisiert Coscarelli die klassischen Versatzstücke des Genres und haucht ihnen neues Leben ein, sein Vorgehen ist respektvoll und innovativ zugleich und handwerklich ohne Makel. Aus der Kürze des Films folgt, dass die Figurenentwicklung nur grob umrissen werden kann, so ganz will dem Zuschauer etwa nicht in den Kopf, wie eine aufgeweckte Frau wie Ellen jemanden wie Bruce überhaupt heiraten kann, denn dass dieser nicht alle Tassen im Schrank hat, ahnt der Zuschauer schon bei der ersten Szene. Doch von solchen – man könnte sagen, konzeptbedingten – Schwächen abgesehen, ist „Incident …“ ein vortreffliches Horrorstückchen geworden, das den Zuschauer ohne langes Gerede bei der Hand nimmt und durch eine morbide Welt lotst, in der jedem irgendwann mal irgendetwas leidtut, die aber insgesamt wenig Mitleid kennt.



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