Deer Woman

Masters of Horror: Deer Woman

Masters of Horror: Deer Woman; Regie: John Landis; USA, 2005.

Darsteller:
Brian Benben (Dwight Faraday), Anthony Griffith (Officer Jacob Reed), Cinthia Moura (The Deer Woman), Sonja Bennett (Dana), Julian Christopher (Chief Einhorn), Don Thompson (Detective Fuches), Alex Zahara (Detective Patterson), Maxine Miller (Dog Lady), John R. Taylor (Dead Monkey Man), John Bear Curtis (Truckstop Owner), Edmond Kato Wong (Desk Cop), Steve Archer (Business Man), Ben Cotton (Theoretical Trucker), Lisa Marie Caruk (Theoretical Girl) …

Inhalt:
Detective Dwight Faraday führt ein tristes Dasein. Nachdem er bei einem Einsatz versehentlich seinen Partner erschossen hatte, hat ihn seine Frau verlassen und im Job darf er nur noch „Tierangriffe“ bearbeiten. Die Monotonie seines Daseins wird durch eine neue. rätselhafte Mordserie durchbrochen, bei der die Opfer – allesamt Männer – offenbar durch die Hufen eines Tieres bis zur Unkenntlichkeit zertrampelt wurden. Bei seinen Recherchen stößt Faraday auf eine alte Indianerlegende eines Fabelwesens, halb Mensch, halb Reh …

Kritik:
Eine Rehfrau, die ihre Opfer verführt und dann tottrampelt! Man kann sich richtig vorstellen, wie John Landis und sein Sohn Max, die das Skript gemeinsam schrieben, am Frühstückstisch saßen und sich bei der Erfindung abstruser Monster gegenseitig überboten. Beim sich keine Sekunde ernstnehmenden „Deer Woman“ versucht Landis erst gar nicht, eine Whodunnit-Spannung aufzubauen (schließlich weist schon der Titel auf die Täterin hin), sondern entwickelt stattdessen viel Komik aus der Diskrepanz zwischen dem Wissen des Zuschauers und dem vagen Herumtappen der Ermittler rund um den Polizeichef Einhorn (!), gewürzt durch trockene Off-Kommentare der Hauptfigur wie im klassischen Detektivfilm. Speziell die Dialoge zwischen Faraday und der punkigen Pathologin Dana sind von einer göttlichen Lakonie:

Dana: Vielleicht hat die Frau ihn mit einem Hirschbein erschlagen.
Faraday: Das ist einer der Sätze, von denen man nicht erwartet, sie zu hören.
Dana: Was meinst du, wie ich mich fühle, ihn zu sagen?

Die Eintrittskarte in den erlauchten Kreis der „Masters of Horror“-Regisseure kann für John Landis nur sein schwarzhumoriger „American Werewolf“ gewesen sein, ansonsten ist er eher bekannt für seine Kultkomödien „Kentucky Fried Movie“ oder „Blues Brothers“. Jedoch schafft er hier hervorragend die Gratwanderung, „Deer Woman“ einerseits als grellen Trash in der Tradition der EC-Comics der 50er Jahre anzulegen, andererseits wie schon in „American Werewolf“ eindrucksvolle Kameraimpressionen zu schaffen, die dem Ganzen dann doch etwas Schwere geben.

Für seinen Dwight Faraday ist der mit 1,70 m nicht gerade großwüchsige Brian Benben, in den USA vor allem durch die 90er-Jahre-Sitcom „Dream on“ bekannt, die perfekte Besetzung. Benben spielt den lakonisch-trockenen und desillusionierten Cop mit kalkulierter Zurückhaltung, die das Absurde um ihn herum noch absurder erscheinen lässt. Der Name scheint übrigens mit Bedacht gewählt: Dwight Frye spielte in „Dracula“ den unglücklichen Renfield, dessen Begegnung mit dem Vampirfürsten ihn den Verstand kostete, während der Nachname an den physikalischen Faradaykäfig denken lässt. In einem ebensolchen sitzt Faraday an seinem Schreibtisch: isoliert, ignoriert, während die Betriebsamkeit des Reviers an ihm abprallt. Die Einstellung, in der das Geschehen um Faradays Schreibtisch in schemenhaft verhuschte Schatten gepackt ist, während er regungslos dasitzt, gehört zu den stärksten Szenen des Films. Dem Protagonisten gegenüber hat Cinthia Moura in ihrer wortlosen Rolle als Deer Woman kaum mehr zu tun als verführerisch zu lächeln, bedrohlich zu gucken und das Flair ihrer apart-exotischen Erscheinung wirken zu lassen.

Die volle Punktzahl gibt es leider dennoch nicht: „Deer Woman“ ist zwar äußerst vergnüglich – besonders Faradays absurde nächtliche Imaginationen, wie die Tat wohl abgelaufen sein könnte, sind zum Brüllen -, jedoch wirkt die Story nicht richtig zu Ende gedacht. Ein gutes Monster ist eben noch nicht Garant für einen packenden Film. Am Schluss kommt es, wie man es nicht anders erwartet, zum Showdown und zur finalen Konfrontation von Faraday mit der Rehfrau. Doch gerade, wenn man denkt, jetzt müsste noch eine Pointe, eine Erklärung, eine Auflösung, eine Wendung kommen, ist der Film … na ja … einfach zu Ende. So bleibt Landis‘ Beitrag eine amüsante Horrorgroteske mit toller Dialogregie, der aber das letzte i-Tüpfelchen fehlt, um wirklich rund zu sein.



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