Der Rabe – Duell der Zauberer

Der Rabe - Duell der Zauberer

Der Rabe – Duell der Zauberer (OT: The Raven); Regie: Roger Corman; USA, 1963.


Darsteller:
Vincent Price (Dr. Erasmus Craven), Peter Lorre (Dr. Adolphus Bedlo), Boris Karloff (Dr. Scarabus), Hazel Court (Lenore Craven), Olive Sturgess (Estelle Craven), Jack Nicholson (Rexford Bedlo), Connie Wallace (Hausmädchen), William Baskin (Grimes, Cravens Diener), Aaron Saxon (Gort) …

Inhalt:
Zauberer Erasmus Craven (Vincent Price) lebt zurückgezogen und in Trauer um seine zwei Jahre zuvor verstorbene Frau Lenore. Eines Abends erhält er ungewöhnlichen Besuch: von einem sprechenden Raben! Dieser entpuppt sich bald als sein versoffener Kollege Bedlo (Peter Lorre), der vom sinistren Scarabus (Boris Karloff) verwandelt wurde. Craven läßt sich in seiner Melancholie nicht aufhalten, bis er erfährt, daß Lenore mitnichten tot ist. Im Gegenteil, sie lebt bei Scarabus. Das kann Craven nicht auf sich sitzen lassen. Samt Bedlo, seiner Tochter Estelle und Bedlos Sohn Rexford (Jack Nicholson) machen sie sich auf den Weg zu ihrem Gegner …

Kritik:
Bereits in „Tales of Terror“ hatte Roger Corman bewiesen, dass er durchaus auch ein feines Gespür für komödiantische Stoffe hat, und bei näherem Hinsehen findet sich in allen „Edgar Allan Poe“-Verfilmungen (aufgrund der eher losen Adaptionen sind die Anführungszeichen an dieser Stelle durchaus berechtigt) immer wieder das eine oder andere ironische Augenzwinkern. In „Der Rabe“ lässt Corman dieses dem Sujet ohnehin immanente komische Moment hemmungslos kulminieren: Hier steht Komödie drauf, hier darf’s Komödie sein. Und auch wenn man anfangs vielleicht noch skeptisch ist, ob zu viel aufgesetzter Spaß nicht die Stimmung verdirbt und die ganze Reihe ins Lächerliche zieht, lässt man sich schnell mitreißen von diesem Gipfeltreffen der Zauberer und der Horrorstars.

Denn die Besetzung, und von ihr lebt dieser Film in der Hauptsache, ist erste Riege: Vincent Price darf hier seine oft gespielte Rolle des einsamen, trauernden Hagestolzes genüsslich durch den Kakao ziehen und trifft dabei auf Peter Lorre: Dass die beiden ein tolles komödiantisches Gespann abgeben, hatten sie ja zuvor schon in der legendären Weinprobe in „Tales of Terror“ bewiesen. Wir sehen Boris Karloff als majestätisch-bösen Zauberer Scarabus, und staunen nicht zuletzt über einen noch blutjungen Jack Nicholson, der in der Kutschenszene, als ihn Scarabus‘ böser Fluch übermannt, schon einmal eine kleine Kostprobe seiner später so ausgeprägten dämonischen Aura geben darf. Aufseiten der holden Weiblichkeit gibt Hazel Court, bekannt etwa aus „Frankensteins Fluch„, aber auch aus „Lebendig begraben“ und aus „Satanas„, tiefe Einblicke in ihr beeindruckendes Dekolleté und mimt perfekt das abtrünnige und berechnende Luder Lenore.

„Der Rabe“ zeigt in schönster Weise das tolle Improvisationstalent von Price und Lorre; viele der köstlichen Dialoge und Sprüche entstanden aus dem Stegreif, was dem eher drehbuchgetreu vorgehenden Karloff sehr zu schaffen gemacht haben soll. Man achte etwa auf mit pathetischem Ernst vorgetragene Zaubersprüche wie „Cave Canem“ („Hüte dich vor dem Hund“). Und natürlich treffen wir hier auf alle Corman’schen Ingredienzien aus den anderen Poe-Filmen: Wabernde Nebel, schäumende Gischt, düstere und am Schluss in Flammen aufgehende Schlösser, finstere Folterkeller, psychedelische Farben und Formen. Lediglich die Trickeffekte, speziell die Zauberstrahlen, wirken aus heutiger Sicht natürlich nur noch wenig überzeugend, zumal der eine oder andere tolle Regieeinfall – steinerne Höllenhunde und Dämonen werden lebendig – schon aus Budgetgründen nur angedeutet werden kann.

In den Vereinigten Staaten floppte Cormans „Rabe“ (das gleichnamige Gedicht von Edgar Allan Poe dient hier übrigens nur als loser Aufhänger), während der Film in Deutschland ein großer Erfolg wurde. Was sicher darauf zurückzuführen ist, dass hier trotz aller spielerischer Leichtigkeit ein recht dunkler, europäischer, ja fast britischer Humor zelebriert wird. Menschen, die sich vom Blitz getroffen in eine Blutlache verwandeln (die sich allerdings dann als Himbeermarmelade entpuppt), mumifizierte Leichen, die jäh zum Leben erwachen, herausoperierte Augen, die einen aus einer Schatulle heraus anstarren – teils ist es (auch angesichts der Ab-6-Freigabe der DVD) schon starker Tobak, was hier angerichtet ist. Doch gerade diese Elemente, die dann doch immer wieder zurückgenommen werden – selbst Scarabus und die untreue Lenore dürfen ihrem obligatorischen Flammenschicksal letztendlich entrinnen –, geben dem Film die Würze. „Der Rabe“ ist kultivierte, vollendete Unterhaltung, ein Gothic-Spaß auf hohem Niveau.



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