Frankensteins Ungeheuer

Frankensteins Ungeheuer

Frankensteins Ungeheuer (OT: The Evil of Frankenstein); Regie: Freddie Francis; Großbritannien, 1964.

Darsteller:
Peter Cushing (Baron Frankenstein), Peter Woodthorpe (Prof. Zoltán, der Hypnotiseur), Duncan Lamont (Polizeichef von Karlstaad), Sandor Elès (Hans, Frankensteins Assistent), Katy Wild (Bettlermädchen), David Hutcheson (Bürgermeister von Karlstaad), James Maxwell (Priester), Howard Goorney (Betrunkener), Anthony Blackshaw (Polizist), David Conville (Polizist), Caron Gardner (Frau des Bürgermeisters), Kiwi Kingston (die Kreatur) …

Inhalt:
Wieder einmal ist Frankenstein zusammen mit seinem jungen Assistenten Hans auf der Flucht, nachdem ein empörter Priester sein Labor zerstörte. Er kehrt auf sein altes Schloss zurück, welches total verwahrlost und der Möbel beraubt ist. Ein blindes Bettlermädchen weist ihm den Weg in eine Höhle, wo er die in einem Eisblock eingefrorene Kreatur wiederentdeckt, die er einst schuf und die der Mob niederschoss. Mit Hilfe des Hypnotiseurs Zoltán gelingt es ihm, das Monster wiederzubeleben. Doch dieser instrumentalisiert die seinem Willen gehorchende Kreatur für seine eigenen, dunklen Ziele …

Kritik:
Beim dritten Teil der Frankenstein-Saga von Hammer übernahm Freddie Francis das Ruder, der schon mit „Paranoiac – Haus des Grauens“ und mit „Der Satan mit den langen Wimpern“ bewiesen hatte, dass in ihm mehr steckt als nur ein hervorragender Kameramann. Dass „Frankensteins Ungeheuer“ eher zu den schwächeren Beiträgen der Reihe gezählt werden muss, hat seinen Grund denn auch weniger in Francis‘ durchaus stilvoller Inszenierung, sondern ist Schwächen des Skripts und der Umsetzung geschuldet. Insbesondere das Monster kann man nur als missraten bezeichnen: Da der Film in Kooperation mit den Universal Studios entstand, konnte und sollte man auf das bekannte Boris-Karloff-Design zurückgreifen. Nach unzähligen Entwürfen von Maskenbildner Roy Ashton einigte man sich schließlich auf eine übertriebene, fast schon wie eine Karikatur wirkende Pappmaschee-Kreation, die dem daruntersteckenden Wrestler Kiwi Kingston keinerlei Mimik gestattete. Hinzu kamen plumpe Bleischuhe, die dem Monster einen tappenden und unsicheren Gang verliehen, der ebenfalls fast schon parodistisch anmutete. Kurz, das Monster wirkt, als hätte sich einer von Romeros Zombies eine Karloff-Maske aufgesetzt, und kann, degradiert zum tumben Befehlsempfänger, weder nennenswert bedrohlich wirken noch Empathie erregen.

Auch bei der Story besann man sich mehr auf den „Universal“-Frankenstein der 30er Jahre und warf dafür bereitwillig die in den ersten beiden Teilen angelegte Vorgeschichte über den Haufen. Im Zentrum des Films liegt ein Rückblick, wie Frankenstein sein erstes (!) Monster schuf, wobei die Inszenierung mit hochfahrbarer Bühne und Blitzen wenig vom Vorbild abweicht, in ihrer Detailverliebtheit aber als sehr gelungen bezeichnet werden darf. Gleichzeitig erlaubte sich Drehbuchautor Anthony Hinds durchaus einige Variationen: Dem blinden Einsiedler aus „Frankensteins Braut“ steht hier ein blindes und taubes Bettlermädchen gegenüber, das Frankenstein hilft und rührend um das Monster besorgt ist. Der dämonische Dr. Praetorius findet seine Entsprechung in dem Hypnotiseur Zoltán, wobei dieser allerdings längst nicht dessen mephistophelische Qualitäten erreicht – er ist eher ein versoffener Kleinganove, der unreflektiert und kurzfristig den eigenen Vorteil sucht

Frankenstein selbst, von Cushing wie immer brillant dargestellt, erscheint zwar aufbrausend und unbeherrscht, aber nicht wirklich böse. Für die Beschaffung des „Materials“ heuert er einen Leichendieb an, wie sich das gehört. Noch ausgeprägter erscheint hier seine Weltfremdheit: Er kann nicht im Geringsten begreifen, dass die Exekutive der Stadt – hier vertreten durch Polizeichef und Bürgermeister – seine Forschungsarbeiten missachtet und ihn verfolgt; zu keiner Sekunde kommt ihm in den Sinn, dass das, was er tut, von anderen als monströs angesehen werden könnte. So empört er sich darüber, dass der Bürgermeister sich seine ganzen Möbel aus dem Schloss unter den Nagel gerissen hat und sogar seinen Ring trägt, und hat auch die Chuzpe, die Polizei zum Verhaften des Bürgermeisters aufzufordern. Aus solch brenzligen Situationen muss ihm dann regelmäßig sein junger Kollege Hans heraushelfen, dem ein weitaus pragmatischerer Blick auf die Gesamtlage zu eigen ist.

Insgesamt ist die Story gelungen und stimmig, bietet aber auch wenige Überraschungen. Auch wenn das Zusammenspiel von Cushing mit dem Theaterschauspieler Peter Woodthorpe durchaus zur Freude gereicht, hätte man sich doch auch eine weibliche Hauptrolle gewünscht. Das Bettlermädchen bleibt nur Nebenfigur, und einzig Caron Gardner als drallblonde Frau des Bürgermeisters bringt ein wenig Dekolleté-Erotik ins Geschehen. Umso üppiger kommt der Film dafür in seiner Ausstattung daher, und allein das liebevoll abgefilmte Labor-Equipment (wie baut Frankenstein das bloß immer so schnell wieder auf?) ist es wert, sich den Film anzusehen. Wunderschöne Matte Paintings säumen die Wege der Helden (lediglich eine Rückprojektion bei Frankensteins Kutschfahrt wirkt misslungen), und das Potenzial der „Verwahrlostes Schloss“-Location wurde gut genutzt. Trotz der etwas dünnen Story stellt sich so schnell das typische Hammer-Feeling ein, und man verfolgt gerne ein weiteres Mal die Widrigkeiten des Frankenstein’schen Daseins.



Beitrag veröffentlicht

in

von