Lisa und der Teufel (OT: Lisa e il diavolo); Regie: Mario Bava; Deutschland, Italien, Spanien, 1972.
Darsteller:
Telly Savalas (Leandro), Elke Sommer (Lisa Reiner), Sylva Koscina (Sophia Lehar), Alessio Orano (Maximilian), Gabriele Tinti (George, der Chauffeur), Kathy Leone (Lisas Freundin), Eduardo Fajardo (Francis Lehar), Franz von Treuberg (Ladenbesitzer), Espartaco Santoni (Carlo), Alida Valli (Gräfin) …
Inhalt:
Die Touristin Lisa Reiner nimmt in einem kleinen spanischen Ort an einer Fremdenführung teil, bei der ein Teufelsfresko besichtigt wird. Lisa nimmt eine Melodie wahr, die sie in einen Laden führt, wo sie in einem Fremden den Teufel vom Fresko wiederzuerkennen glaubt. Sie verläuft sich in den verwinkelten Gassen des Städtchens und wird schließlich vom Ehepaar Lehar in einer alten Limousine aufgelesen. Nach einem Motorschaden landet die Schicksalsgemeinschaft in einer Villa, in der der exzentrische Maximilian zusammen mit seiner blinden Mutter wohnt. Ihr Butler ist der Fremde aus dem Laden. Bald häufen sich unerklärliche Begebenheiten, und Lisa erlebt eine Nacht voller Terror und Entsetzen …
Kritik:
Nachdem im gleichen Jahr „Baron Blood“ kommerzielle Erfolge hatte verbuchen können, gab Filmproduzent Alfredo Leone seinem Regisseur Mario Bava bei „Lisa und der Teufel“ künstlerisch sämtliche Freiheiten. Dieser ließ sich das nicht zweimal sagen und gestaltete ein Gesamtkunstwerk an Kameraeinstellungen, Farben und düsterer Atmosphäre, ein verwirrendes Vexierspiel um Liebe, Eifersucht, Obsession und Tod mit einer komplexen Handlung, bei der die Grenzen zwischen Wirklichkeit und Traum, zwischen dem Diesseits und dem Jenseits zunehmend verschwimmen. Obgleich die Kritik den Film begeistert aufnahm, fand sich im Folgenden kein Verleiher. Leone ruderte zurück und erstellte zum größten Teil in Eigenregie eine neue Fassung, „The House of Exorcism“, die unter dem Titel „Der Teuflische“ in die deutschen Kinos kam und den stark gekürzten Film mit einer neuen Rahmenhandlung aufpeppte, die Lisa als vom Teufel besessen darstellte. So wollte man auf dem Trittbrett des Erfolgs von „Der Exorzist“ mitfahren, was allerdings nicht gelang. Dem engagierten DVD-Label e-m-s ist es zu verdanken, dass mittlerweile wieder die ungekürzte Originalfassung, wie Bava sie im Sinne hatte, vorliegt.
In der Originalfassung des Films finden sich viele für Bava typischen Topoi vereint: Das Motiv der Wiedergängerin kennt man aus „La Maschera del demonio„, die Symbolkraft der Puppen und eine rätselhafte Schlossbesitzerin aus „Operazione paura„. Hinzu kommen Motive aus „Psycho“ und allerlei Ingredienzien, wie man sie aus den klassischen Edgar-Allan-Poe-Verfilmungen von Roger Corman kennt, insbesondere an „Das Grab der Lygeia“ fühlt man sich manches Mal erinnert. Von der ersten Sekunde an ist Lisa eingebunden in ein wahrhaft teuflisches Spiel, aus dem es kein Entrinnen gibt und in dem letztlich der diabolische Leandro alle Fäden in der Hand hat. Dieser wird von Telly Savalas absolut überzeugend gemimt, inklusive der Lollies, die später in „Kojak“ sein Markenzeichen werden sollten. Elke Sommer in der Titelrolle wird wenig Eigeninitiative zugestanden; letztlich taumelt sie hilflos aus einem Horrorszenario ins nächste. Ihre wachsende Verstörung und Verwirrung stellt sie aber durchaus glaubhaft dar. Doch auch die weiteren Rollen sind gut besetzt, insbesondere Alessio Orano als geistig umnachteter Maximilian überzeugt mit seinen herrlich gestelzten Monologen.
Erzählt wird, wie so oft im Genre, die Geschichte einer bösen Tat, die ungesühnt blieb und wie ein Fluch über dem Haus und der Familie liegt. Doch in dem Moment, als der Zuschauer meint, nun alle Zusammenhänge durchschaut zu haben, überrascht die Geschichte mit einigen Wendungen, die ein anderes Licht auf die Ereignisse werfen und nahelegen, Lisa könnte es komplett in eine Parallelwelt verschlagen haben, die in der Vergangenheit zu verorten ist – eine Deutung, für die Details wie die Altertümlichkeit der Lehar’schen Limousine sprechen. Doch ist die durchaus feinsinnig verästelte und psychologisch ausgetüftelte Handlung ohnehin der grandiosen Gesamtkomposition untergeordnet, die nichts dem Zufall überlässt, sondern die Einstellungen wie sorgsam entworfene Gemälde wirken lässt. Kongenial ist der Einsatz der Musik; Carlo Savina verarbeitete gekonnt Elemente der spanischen Klassik – nämlich das „Concierto de Aranjuez“ für Gitarre und Orchester von Joaquín Rodrigo (1939).
Obgleich im Vordergrund die insgesamt unheilvolle und bedrückende Atmosphäre steht, gibt es, ganz dem Zeitgeist der 70er entsprechend, auch recht explizite Darstellungen zweier Morde sowie ein wenig morbide Nudity. Dass Bava in beiden Belangen nicht zimperlich war, davon kann man sich übrigens auch durch Sichtung der „alternativen Szenen“ auf der DVD überzeugen, die für den Endschnitt um einiges zu heiß ausgefallen waren und deshalb verworfen wurden. „Lisa e il diavolo“ ist ein Bava, wie er typischer für den italienischen Meisterregisseur nicht sein könnte, und kann sich in jeder Hinsicht mit seinen frühen Meisterwerken messen. Anspruchsvoller Gothic Horror mit leicht psychedelischer Note – nicht nur für Bava-Fans ein Hochgenuss.