Feinde aus dem Nichts

Feinde aus dem Nichts
Feinde aus dem Nichts (OT: Quatermass 2); Regie: Val Guest; Großbritannien, 1957.


Darsteller:
Brian Donlevy (Prof. Bernard Quatermass), John Longden (Inspector Lomax), Sid James (Jimmy Hall), Bryan Forbes (Marsh), William Franklyn (Brand), Vera Day (Sheila), Charles Lloyd Pack (Dawson), Tom Chatto (Broadhead), John Van Eyssen (The P.R.O.), Percy Herbert (Gorman), Michael Ripper (Ernie), John Rae (McLeod), Marianne Stone (Sekretärin), Ronald Wilson (junger Mann), Jane Aird (Mrs. McLeod) …

Inhalt:
Der Raketenexperte und Weltraumforscher Prof. Bernard Quatermass schmiedet weiterhin große Pläne und treibt trotz erklärtem Desinteresse der britischen Regierung ein Forschungsprojekt zur Kolonialisierung des Mondes voran. Dabei entdeckt er mit seiner Radaranlage einen mysteriösen, auf eine bestimmte Gegend beschränkten Meteoritenregen. An Ort und Stelle findet er eine streng bewachte Fabrik vor, die seinem Mondprojekt frappierend ähnlich sieht und in der angeblich die Herstellung von synthetischen Nahrungsmitteln erforscht wird. Doch schon bald kommt er hinter die bedrohliche Wahrheit: Die Fabrik dient zur Vorbereitung einer breit angelegten Invasion von Außerirdischen …

Kritik:
Nachdem der erste Teil der Quatermass-Saga für die Hammer Film Productions ein großer Erfolg gewesen war, stand schnell fest, dass eine Fortsetzung her musste. Mit dem schlichten Originaltitel „Quatermass 2“ schuf man direkt noch das Novum des nummerierten Sequels, auch wenn sich der Titel streng genommen auf den Namen der im Film vorkommenden Rakete bezieht. Man holte nun auch den ursprünglichen BBC-Autor Nigel Kneale mit ins Boot, der beim ersten Film noch außen vor geblieben war, auch wenn dieser wenig glücklich über die Besetzung des Quatermass mit Brian Donlevy war. Dieser pflegte nun schon mittags zur Whiskyflasche zu greifen, was den Fluss der Dreharbeiten oft deutlich bremste. Insgesamt legte Donlevy jedoch eine glanzvolle Leistung hin, und auch die anderen Mitwirkenden standen ihm kaum nach.

Ging es in „Schock“ noch um die Bedrohung durch ein einzelnes Wesen, ist in „Feinde aus dem Nichts“ die Gefahr omnipräsent, wobei man auf das beliebte SF-Thema der schleichenden, unmerklichen Unterwanderung à la „Invasion der Körperfresser“ zurückgriff. Die vermeintlichen Meteoriten entpuppen sich als Kapseln, die zischend aufplatzen und die Menschen infizieren, welche sich dann in willenlose Vasallen der Außerirdischen verwandeln. Hierbei bewies Val Guest einmal mehr Gespür für einen exzellenten Spannungsbogen; Stück für Stück offenbart sich das ganze Ausmaß der Verschwörung, die längst bis in höchste Regierungskreise hineinreicht.

Neben dem guten Spannungsaufbau, der durch einen exzellenten Score von Hammers Hauskomponist James Bernard adäquat unterstrichen wird, machen auch die ausgesuchten Locations „Quatermass 2“ zu einem cineastischen Leckerbissen: Die Szenen in der geheimnisvollen Fabrik drehte man auf dem Gelände einer Shell-Raffinerie und bannte die eindrucksvolle Industrie-Architektur – monolithische Gaskuppeln, labyrinthische Pipelines, endlose weiße Betonflächen – auf memorable Schwarzweißbilder, die die dokumentarische Strenge und Kühle des Films ebenso unterstreichen wie die fiktive Stadt Winnerden Flats, für die Val Guest Neubaublöcke in Hemel Hempstead ablichten ließ. Einen ebenfalls beklemmenden Eindruck hinterlassen die mit Gasmasken ausgerüsteten Soldaten; schnell wird das Schutzutensil zum Symbol der anonymen Bedrohung – ein starker visueller Effekt, den etwa George A. Romero Jahre später in seinen „Crazies“ wieder aufgriff. Und auch wenn es am Schluss nochmals gigantische, glupschige und herrlich trashige Monster zu sehen gibt, wird die allgegenwärtige Gefahr insgesamt sehr viel subtiler gezeichnet als im ersten Teil.

Einmal mehr ist Quatermass der Held wider Willen, dem es eher zufällig zukommt, die Menschheit zu retten. Flankiert vom Polizeiinspektor Lomax (diesmal von John Longden sehr smart dargestellt) und dem äußerst trinkfreudigen (vielleicht ein ironischer Seitenhieb von Nigel Kneale) Journalisten Jimmy Hall kämpft er gegen eine Mauer von Gleichgültigkeit und Ignoranz an – die Bewohner des Dorfes neben der Fabrik sind froh, dass die Fabrik ihnen Arbeit gibt. Als sich die Stimmung endlich wendet, fühlt man sich fast wieder an Frankenstein erinnert: Mit Knüppeln und Mistgabeln bewaffnet stürmt der wütende Mob das Fabrikgelände. Seine intensivsten Momente hat der Film dann, als sich Quatermass mit einigen seiner Getreuen in der Schaltzentrale verbarrikadiert.

„Feinde aus dem Nichts“ kann man mit Fug und Recht als einen der Höhepunkte des Invasionskinos der 50er Jahre bezeichnen, von der ersten bis zur letzten Minute erlebt man hier Spannung und Atmosphäre pur. Dass er heute weniger bekannt ist als die amerikanischen Genre-Klassiker „Die Dämonischen“ von Don Siegel oder „Gefahr aus dem Weltall“ von Jack Arnold, mag auch daran liegen, dass sich der Kinostart um ein halbes Jahr verzögerte – und 1957 musste der Schwarzweißstreifen dann schon mit dem farbenprächtigen Horror von „Frankensteins Fluch“ konkurrieren.



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