Ein Zombie hing am Glockenseil

Ein Zombie hing am Glockenseil

Ein Zombie hing am Glockenseil (OT: Paura nella città dei morti viventi); Regie: Lucio Fulci; Italien, 1980.

Darsteller:
Christopher George (Peter Bell), Catriona MacColl (Mary Woodhouse), Carlo De Mejo (Gerry), Antonella Interlenghi (Emily Robbins), Giovanni Lombardo Radice (Bob), Daniela Doria (Rosie Kelvin), Fabrizio Jovine (Father William Thomas), Luca Venantini (John-John Robbins), Michele Soavi (Tommy Fisher), Venantino Venantini (Mr. Ross), Enzo D’Ausilio (Sheriff Russell’s Deputy), Adelaide Aste (Theresa), Luciano Rossi (Policeman in Apartment), Robert Sampson (Sheriff Russell), Janet Agren (Sandra) …

Inhalt:
Als Vorgeschichte ist zu sehen, wie der Pfarrer des Städtchens Dunwich Selbstmord begeht und damit – so will es die Legende – das Böse in Gestalt wiederauferstehender Toter über die Stadt bringt. Denn Dunwich wurde über den Trümmern der Hexenstadt Salem erbaut. Mary Woodhouse (Catriona MacColl) und der Reporter Peter Bell (Christopher George) wollen den Geheimnissen auf den Grund gehen und sehen sich mit grauenerregenden Ereignissen und furchteinflößenden Zombies konfrontiert …

Kritik:
Letztlich waren es die deutschen Zensoren, die dem Fulci-Zombie-Kracher „Ein Zombie hing am Glockenseil“ mit ihrem Verbot einen bis heute andauernden Kultstatus garantiert haben: Der Film gilt bis heute pars pro toto als Inbegriff des reißerischen und brutalen Zombie-Schockers schlechthin. Aus heutiger Sicht scheint das Verbot überzogen, was unter anderem an den Fortschritten liegt, die die Tricktechnik gemacht hat: 25 Jahre alte Trickeffekte haben heute nur noch wenig Überzeugungskraft, wirken wie billige Effekthascherei, wenn man sie beispielsweise mit den drastischen gezeigten Folgen brutaler Gewalt in Cronenbergs „A History of Violence“ vergleicht.

Schock- und Ekeleffekte gibt es in der Tat reichlich bei Fulci, wobei er gerne Zitatanleihen bei sich selbst nimmt: Die berühmt-berüchtigte Bohrer-durchs-Ohr-Szene ist etwa nichts weiter als eine Variation der nicht minder berüchtigten Augen-durchstech-Szene aus „Woodoo – Die Schreckensinsel der Zombies„. Die Zombies selbst enttäuschen eher, da sie mehr wie Geister funktionieren, also aus dem Nichts auftauchen und ins Nichts wieder verschwinden, womit ihnen die wichtige Qualität des Langsam-aber-unaufhaltsam-Näherkommens verloren geht, die spätestens seit Romeros „Night of the Living Dead“ konstituierend für diese Spezies ist. Entsprechend ist die Herkunft der Zombies diesmal auch nicht auf Chemie, Radioaktivität oder dergleichen zurückzuführen, sondern die Geschichte lehnt sich lose an Motive des Schriftstellers H.P. Lovecraft an. Die Schauspieler wissen leider auch nicht sonderlich zu überzeugen, kein Charakter wird wirklich ausgearbeitet, die Hauptdarsteller bleiben blasse Schablonen.

Man muss sich bei einer Kritik eines solchen Films aber natürlich darauf besinnen, dass sich dieser Film nie auf die Fahnen geschrieben hat, ein artifizielles Meisterwerk sein zu wollen, sondern vor allem an der Kinokasse funktionieren sollte. Und so besehen – als typischer Vertreter des italienischen Exploitationkinos – hat „Paura“ durchaus einige magische Momente zu bieten, die eher fernab der am häufigsten zitierten Schockszenen zu suchen sind: die beklemmende Darstellung der verzweifelten Mary in ihrem Sarg etwa, aber auch die düster-nebligen Impressionen der Stadt Dunwich, die tatsächlich wie ein Tor zur Hölle erscheint.

Ein häufig zu lesender Kritikpunkt betrifft die unlogische, in sich zerrissene und konfuse Story. Hier sollte man sich aber vor Augen führen, dass Fulci im Gegensatz zum Vorgänger „Woodoo“ bewusst die narrative Stringenz aus den Augen gelassen hat, um eine eher assoziativ zu erfassende – von den ausgeklügelten synthetischen Fabio-Frizzi-Sounds genial untermalte – Bildkomposition des allgegenwärtigen Grauens zu schaffen; eine Vorgehensweise, die er in seinem ein Jahr später entstandenen „Geisterstadt der Zombies“ mit Vermischung von Traum und Realität noch weiter forcierte. „Ein Zombie hing am Glockenseil“ ist bei aller Trashigkeit durchaus kein „lustiger“ Partyfilm, sondern ein Horrorreißer, der bei näherem Hinsehen viele liebevolle Reminiszenzen an Genre-Klassiker wie „Dracula“ oder „Lebendig begraben“ enthält.


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