Draculas Hexenjagd (OT: Twins of Evil); Regie: John Hough; Großbritannien, 1971.
Darsteller:
Peter Cushing (Gustav Weil), Dennis Price (Dietrich), Mary Collinson (Maria Gellhorn), Madeleine Collinson (Frieda Gellhorn), Isobel Black (Ingrid Hoffer), Kathleen Byron (Katy Weil), Damien Thomas (Count Karnstein), David Warbeck (Anton Hoffer), Harvey Hall (Franz), Alex Scott (Hermann), Judy Matheson (Tochter des Waldarbeiters), Luan Peters (Gerta), Shelagh Wilcocks (Dame in Kutsche), Katya Wyeth (Countess Mircalla), Inigo Jackson (Waldarbeiter) …
Inhalt:
Das Leben im Dorf Karnstein ist im 17. Jahrhundert von Aberglaube und Hexenverfolgungen geprägt. Speziell der religiöse Eiferer Gustav Weil tut sich mit einem Tribunal von Gleichgesinnten als gnadenloser Hexenjäger hervor, dem zahlreiche unschuldige Dorfmädchen zum Opfer fallen. Als Weil seine verwaisten Nichten aus Venedig, die bildhübschen Zwillingsschwestern Frieda und Maria, bei sich aufnimmt, muss er jedoch erkennen, dass eine sehr reale Gefahr aus ganz anderer Richtung droht. Frieda verfällt dem Grafen Karnstein, der in seinem Schloss hoch über dem Dorf satanische Riten abhält, und wird zur Vampirin. Als der Graf auch Maria entführt, entfesselt sich ein harter Kampf um das Seelenheil der Zwillinge …
Kritik:
Entgegen dem, was der deutsche Titel werbewirksam nahelegt, hat „Twins of Evil“ mit dem Grafen Dracula nicht das Geringste zu tun, vielmehr handelt es sich nach „Gruft der Vampire“ und „Nur Vampire küssen blutig“ um den dritten und letzten Teil der sogenannten Karnstein-Trilogie. In allen drei Filmen dient die Vampir-Novelle „Carmilla“ des irischen Schriftstellers Joseph Sheridan le Fanu als loser Aufhänger für klassischen Gothic Horror mit einer starken Prise Erotik. Allerdings darf Carmilla alias Mircalla hier in einer – atmosphärisch gut gelungenen – Wiedererweckungsszene nur ein kurzes Gastspiel geben.
Blickfang des Films sind natürlich Mary und Madeleine Collinson, die im Oktober 1970 als erste Zwillings-Playmates im „Playboy“ zu kurzem Starlet-Ruhm gelangten. Eiligst gab man den beiden Schönen Schauspielunterricht, synchronisierte ihre Sprechrollen allerdings dann doch nach. Aber ohnehin ging man wohl davon aus, dass das Publikum angesichts tiefer Dekolletés und lasziv gelüfteter Nachthemdchen mit der Darstellerinnenkunst der beiden nicht allzu streng ins Gericht gehen würde. Zumal die Rollen recht interessant angelegt sind: Äußerlich jederzeit zu verwechseln, verkörpern Frieda und Marie von der Wesensart her komplette Gegensätze, und fast parabolisch mutet es an, wie die aufmüpfige Abenteuerlust Frieda in den Vampirismus treibt, während ihre stille, zurückhaltende und autoritätsgläubige Schwester Maria letztlich die Früchte ihrer Vorsicht ernten kann.
Letztlich ist es aber Peter Cushing, der den Film nachhaltig veredelt oder vor allzu tiefen Trashniederungen bewahrt. Ungewohnt grimmig spielt er den religiösen Eiferer und Hexenjäger Gustav Weil – wobei zu vermuten steht, dass er mit seinem intensiven Spiel auch seine Trauer über den Tod seiner geliebten und zwei Wochen zuvor verstorbenen Frau Helen kanalisieren konnte. Gleichzeitig ist seine Figur des Weil diejenige mit der differenziertesten Charakterentwicklung: Anfangs wird Weil als bigotter Fanatiker dargestellt, der lieber unschuldige Dorfmädchen auf den Scheiterhaufen treibt, als dass er sich mit dem einflussreichen Graf anlegt. Erst aus der persönlichen Betroffenheit heraus, als seine Nichte zur Vampirin wird, setzt bei ihm langsam ein Umdenken ein, und wenn er resigniert bekennt, er habe immer nur versucht, ein guter Mensch zu sein, verspürt man fast Mitleid mit dem Verblendeten. Zwar ist er durch seine Untaten letztlich des Todes, doch stirbt er als Paulus, nicht als Saulus.
Als durchaus interessant und gelungen kann auch die Idee bezeichnet werden, die beiden großen Themen Hexenverfolgung und Vampirismus in einem Film zusammenzubringen. So muss sich Weil durch den belesenen Dorflehrer Anton belehren lassen, dass Flammen einem Vampir nichts anhaben können: Lediglich ein Holzpflock durchs Herz oder das Abtrennen des Kopfes führten zum endgültigen Ableben. Wobei letztere, neue Variante zu ungewohnt splatterigen Einlagen führte, die allerdings auch ein wenig aufgesetzt wirken und wenig zur ansonsten eher gemächlichen und trotz aller frech aufblitzenden Nudity fast biederen Strickart des Films passen. Kurzerhand ließ man dafür die Lichtscheu der Vampire weg, um umso mehr das fehlende Spiegelbild als Erkenntniskomponente zu nutzen. Fast schon auffällig überall aufgehängte Spiegel sagen nicht nur den Betroffenen, ob sie schon zur Gruppe der Vampire gehören, sondern bringen auch das ein oder andere Mal jähe Klarheit in die Verwechslungsspielchen, die der Zwillingsplot fast schon zwangsläufig evoziert.
Im Gegensatz zur aristokratischen Noblesse und gleichzeitig animalischen Grausamkeit eines Grafen Dracula, wie Christopher Lee ihn so oft für Hammer verkörperte, verlieh man dem jungen Grafen Karnstein eine eher lotterhafte Leichtigkeit, er wirkt wie ein launenhafter Dandy der Unterwelt, wenn er etwa an der Choreographie der eigens für ihn zelebrierten schwarzen Messen herummäkelt. Und so spielt sich der Kampf zwischen Gut und Böse auch eher zwischen Gustav Weil und dem Lehrer Anton ab. Insgesamt machen das originelle Drehbuch und die besondere Leistung von Cushing „Draculas Hexenjagd“ zum besten der drei Karnstein-Beiträge von Hammer, auch wenn an die Glanzleistungen der 50er und 60er Jahre nicht ganz angeknüpft werden kann.