Brennender Tod

Brennender Tod

Brennender Tod (OT: Night of the Big Heat); Regie: Terence Fisher; Großbritannien, 1967.

Darsteller:
Christopher Lee (Godfrey Hanson), Patrick Allen (Jeff Callum), Peter Cushing (Dr. Vernon Stone), Jane Merrow (Angela Roberts), Sarah Lawson (Frankie Callum), William Lucas (Ken Stanley), Kenneth Cope (Tinker Mason), Percy Herbert (Gerald Foster), Thomas Heathcote (Bob Hayward), Anna Turner (Stella Hayward), Jack Bligh (Ben Siddle), Sydney Bromley (Landstreicher), Barry Halliday (Radartechniker) …

Inhalt:
Die Bewohner von Fara Island, einer kleinen britischen Kanalinsel, sehen sich mit einem beunruhigenden Phänomen konfrontiert: Obgleich tiefster Winter ist, steigen die Temperaturen jeden Tag und haben bald die Grenze von 40 °C überschritten. Der Schriftsteller Jeff Callum, Besitzer der kleinen Pension „Swan“, erfährt schließlich von einem Gast, dem mysteriösen Wissenschaftler Godfrey Hanson, den wahren Grund der Hitzewelle: Außerirdische Wesen mit immenser Energieabstrahlung sind auf der Insel gelandet. Gemeinsam nimmt man einen Kampf auf, der aussichtslos erscheint …

Kritik:
„Brennender Tod“, das ist ein äußerst trashiger Ausflug der legendären Hammer-Triade Fisher, Lee und Cushing in das Genre des Invasionsfilms unter der Ägide des Produzenten Tom Blakeley. Dessen Vater, John E. Blakeley, hatte unter dem Label Mancunian Films in den 50er und 60er Jahren eine ganze Reihe recht erfolgreicher Komödien produziert, bevor er sich aus Altersgründen zurückzog. Den Sohn zog es indes eher ins Horrorfach. Nach dem wirren Satanismus-Vampirismus-Crossover „Das Teufelsritual“ von 1964 gelang seinem Unternehmen Planet Film Productions 1966 mit „Insel des Schreckens„, inszeniert von Terence Fisher und mit Peter Cushing in der Hauptrolle, erstmals ein (relativer) Kinokassenerfolg. So lieh sich Blakeley ein Jahr später wieder die Crème de la Crème von Hammer aus und machte … nun ja, man könnte sagen, den gleichen Film noch einmal. Denn die Ähnlichkeiten der beiden Alien-B-Movies sind nicht von der Hand zu weisen: Hier wie dort geht es um eine mehr als kuriose Spezies von Weltraumbewohnern, die eine kleine Insel überfallen und die Bewohner im ersten Fall aussaugen, im zweiten Fall grillen.

Um es vorwegzunehmen: Ein Meisterwerk der Filmgeschichte ist hier nicht entstanden. Auf der anderen Seite bezieht „Brennender Tod“ einen ganz eigentümlichen Reiz aus der Vehemenz und Ernsthaftigkeit, mit der die durchaus nicht schlecht agierenden Schauspieler gegen das ridiküle Drehbuch und die stümperhafte Inszenierung anspielen. Ob Terence Fisher gerade ein Formtief hatte oder ob er Opfer des ultraschmalen Budgets und des Zeitdrucks wurde – in nicht einmal sechs Wochen war das Ding im Kasten –, bleibt ungeklärt, jedenfalls kann sich die „Bad means good“-Fraktion auf einen Haufen Logiklöcher, abrupte Tag-und-Nacht-Abfolgen und Schnittfolgefehler freuen. Nur ein Beispiel: In einer Szene überfährt Gastwirt Jeff fast seinen Kumpel Bob, der mit seinem Fahrrad verträumt mitten auf der Fahrbahn stehengeblieben ist. Schnitt auf Bob, der schon so nahe ist, dass ein Zusammenstoß eigentlich unausweichlich wäre, Standschwenk auf den Straßenrand, Schnitt auf das Gesicht des Fahrers und eine gefühlte Ewigkeit lang Reifengequietsche – geschätzter Bremsweg 20 Meter. Dann sehen wir die gesamte Szenerie, und der Land Rover von Jeff steht unmittelbar neben Bob und seinem Fahrrad. Schön auch, dass von Radar bis TV alle Übertragungsmedien spektakulär ihren Geist aufgeben, aber mit einem simplen Walkie-Talkie selbst unter widrigsten Umständen eine rausch- und knisterfreie, kristallklare Verbindung möglich bleibt.

Doch genug der Beckmesserei, betrachten wir lieber die Story: Wiederum aus Budgetgründen beschränkt sich der Schauplatz im Wesentlichen auf das Gasthaus „Swan“, was eine gewisse kammerspielhafte Gemütlichkeit evoziert. Insbesondere Peter Cushing hat hier als liebenswürdiger Landarzt nicht wesentlich mehr zu tun als auf einem Barhocker herumzusitzen und Maulaffen feilzuhalten, bis ihn schlussendlich der Heldenmut packt und ins Verderben führt. Um die Schauspieler nicht einfach schwitzend und Schweiß abtupfend auf das Finale warten zu lassen, wurde mit der Figur der Angela auch eine veritable Schlampe ins Spiel gebracht – offiziell als neue Sekretärin des knautschigen Jeff angereist, entpuppt sie sich schnell als ehemalige Love Affair und sorgt stellvertretend für die bis zum Schluss durch Abwesenheit glänzenden Aliens für ordentlich Zündstoff und Knirschen im Gebälk von Jeffs Eheglück. Wenn sie sich, nach Kühle lechzend, Eiswürfel übers Dekolleté streicht, sieht es dann aber doch mehr nach braver Befolgung von Regieanweisungen denn nach lasziver Erotik aus. Ansonsten ist Jane Merrow, die ein Jahr davor in der TV-Serie „Mystery and Imagination“ die Vampirin Carmilla gab, durchaus lecker anzusehen und macht, auch wenn dies in solchen Fällen weniger wichtig ist, ihre Sache auch schauspielerisch gut.

In der zweiten Hälfte kommt dann doch etwas mehr Tempo in den Film, und einmal mehr erweist sich Christopher Lee als sichere Bank, wenn es darum geht, selbst dem größten filmischen Murks noch etwas von Stil und Klasse zu verleihen. Den ominösen Wissenschaftler Godfrey Hanson gibt er harsch und bestimmt, knapp an der Grenze zur Arroganz, dann wieder verbindlich, engagiert und einnehmend. Patrick Allen ist der ideale Counterpart, er legt die Figur des Schriftstellers Jeff mit dunklen Flecken in der Vergangenheit als treibende Kraft an, aber auch als verwundbaren, sensiblen Charakter mit Widersprüchen, Ecken und Kanten. Auch wenn die teils durchaus schillernden und Lokalkolorit ausströmenden Nebenfiguren ihren Job anständig machen, ist es voll und ganz das Verdienst dieser beiden, dass man mit fortschreitender Handlung mehr und mehr gnädig über die handwerklichen Unzulänglichkeiten des Streifens hinwegsieht und sich dann doch von der Story einfangen lässt.

Alles rennet, rettet, flüchtet – so lässt sich das große Finale am besten charakterisieren. Hier gibt das Drehbuch nochmals alles; Heustadel werden in Brand geschossen, und während Jeff versucht, die Aliens mit Dynamit in die Luft zu sprengen, muss sein Kumpel seine Ex-Geliebte vom Suizid abhalten. Tag und Nacht lösen sich in Sekundenschnelle ab, ein großer Spaß. Endlich bekommt man auch die Aliens zu Gesicht, die – Vorsicht, Spoiler (gähn) – von innen beleuchteten Quallen nicht ganz unähnlich sehen. Christopher Lee verglich sie gar mit Spiegeleiern, wobei man immerhin sagen kann, dass die Tentakelhaufen aus „Insel des Schreckens“ noch lachhafter waren. Die schlussendliche Rettung der Menschheit folgt dann ganz dem Diktum von 50er-Jahre-Filmen wie „Kampf der Welten“: Auch die rabiatesten Mittel erweisen sich als wirkungslos, die Natur muss mal wieder korrigierend eingreifen.

Was macht guten Trash aus? Fast exemplarisch beantwortet „Brennender Tod“ diese Frage: Wenn die Schauspieler es schaffen, die Geschichte und ihr Spiel so sehr zu verselbstständigen, dass jedweder Dilettantismus von Drehbuch oder Inszenierung an ihnen einfach abprallt. Genau dies ist hier der Fall. Einfach großartig, wenn Christopher Lee mit unerschütterlichem Ernst eine geborstene Autobatterie betrachtet und messerscharf analysiert: „Jede Form von Energie wurde regelrecht entzogen.“ Man amüsiert sich und ist zufrieden.


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