Zimmer 1408

Zimmer 1408

Zimmer 1408 (OT: 1408); Regie: Mikael Håfström; USA, 2007.

Darsteller:
John Cusack (Mike Enslin), Samuel L. Jackson (Gerald Olin), Mary McCormack (Lily Enslin), Tony Shalhoub (Sam Farrell), Jasmine Jessica Anthony (Katie Enslin), Len Cariou (Vater), Isiah Whitlock Jr. (Techniker), Paul Birchard (Mr. Innkeeper), Margot Leicester (Mrs. Innkeeper), Walter Lewis (Kassierer), Eric Meyers (erster Mann bei Autogrammstunde), David Nicholson (zweiter Mann bei Autogrammstunde), Holly Hayes (Frau bei Autogrammstunde), Alexandra Silber (junge Frau bei Autogrammstunde), Johann Urb (Surfer Dude) …

Inhalt:
Der Schriftsteller Mike Enslin hat sich ganz auf das Okkulte spezialisiert und ist als eine Art Hoteltester in Sachen Mystery unterwegs. So ist seine Neugierde sofort entfacht, als er eine anonyme Postkarte erhält, die ihn davor warnt, eine Nacht im Zimmer 1408 des Dolphin Hotels in New York zu verbringen. Obgleich der Hotelmanager alles versucht, um ihn davon abzuhalten – bereits 56 Todesfälle habe es in dem Zimmer gegeben -, mietet er sich für eine Nacht in dem als Hort des Bösen berüchtigten Zimmer ein. Doch schon in der ersten Stunde überschlagen sich die Ereignisse und Mike Enslin erlebt einen Hotelaufenthalt, den er nie vergessen wird …

Kritik:
Da praktisch jeder einigermaßen verfilmbare Roman von Stephen King bereits verfilmt wurde, bleibt den Regisseuren und Drehbuchschreibern bei ihrer Suche nach neuem Stoff aus der Feder des Meisters des Grauens nur der überreiche Fundus an Kurzgeschichten. Vieles erinnert in der Verfilmung von „1408“ dabei an „Stephen King’s The Night Flier“ von 1997, eine gemeinhin unterschätzte Adaption von Mark Pavia, in der Miguel Ferrer einen Schreiberling für ein Schundblatt spielt, der auf der Suche nach neuen Sensationen mit dem wahrhaft Bösen konfrontiert wird. Auch in „1408“ steht im Mittelpunkt des Geschehens ein Autor von Schundliteratur, der von der Sensationsgier und dem Aberglauben seiner Klientel gut leben kann. Seine Bücher tragen Titel wie „Zehn Nächte in zehn Spukhäusern“ oder „Zehn Nächte auf zehn Geisterfriedhöfen“.

Sehr langsam, sehr ruhig lässt es der schwedische Regisseur Mikael Håfström angehen. Ganz im Zentrum der Exposition steht das lange Gespräch von Mike Enslin mit dem von Samuel L. Jackson genial undurchsichtig gespielten Hotelmanager, welches einige Informationen zur traurigen Vorgeschichte des Zimmers liefert, das bereits Schauplatz etlicher Selbstmorde gewesen war. Was man nicht erfährt – weder hier noch an irgendeiner anderen Stelle des Films -, ist irgendeine Erklärung für den todbringenden Einfluss des Zimmers: Es ist, um es in den Worten des Hotelmanagers zu sagen, einfach ein „echt mieses Zimmer“. Umso mehr erfährt der Zuschauer über Enslin. Rückblenden enthüllen, dass er einen schweren Schicksalsschlag hat hinnehmen müssen: Seine kleine Tochter starb an den Folgen einer unheilbaren Krankheit, in der Folge zerbrach auch die Beziehung zu seiner Frau Lily. Wir erleben Enslin als Zyniker, der weder seine Leser noch das, worüber er schreibt, ernst nimmt. Wobei John Cusack nicht John Cusack wäre, wenn er es nicht verstehen würde, auch dieser abgebrühten Gestalt noch liebenswerte und sympathische Züge zu verleihen.

Überhaupt ist „Zimmer 1408“ hauptsächlich und in erster Linie ein Cusack-Film geworden: Der 41-jährige Amerikaner legt eine schauspielerische Glanzleistung hin und verkörpert alle Gefühlsregungen von Enslin absolut glaubhaft: Anfangs leichte Überheblichkeit, später gesellen sich Sorge und Beunruhigung hinzu, schließlich dann nackte Angst und Verzweiflung. Dabei spielt sich der Horror vor allem im Kopf ab, Mikael Håfström setzt zwar bemerkenswert gut gemachte Effekte ein, stellt sich aber bewusst gegen den von Filmen wie „Saw“ oder „Hostel“ eingeläuteten Trend, sich gegenseitig in der Darstellung von Gewalt und Grausamkeiten zu überbieten. Dem hält Håfström fast altmodisch wirkende Gruselkost entgegen: Das Zimmer 1408 wird mehr und mehr zu einer Schleuse in eine andere Dimension, aus der es kein Entrinnen gibt. So gehört etwa zu den gruseligsten Momenten, wie Enslin, aus dem Fenster schauend, plötzlich von allen Straßengeräuschen abgekapselt wird und erkennen muss, dass er unrettbar von der Realität abgeschlossen ist. Auf die Spitze getrieben wird das Spiel mit den anderen Dimensionen in dem Moment, wo Enslin per Laptop und Videochat seine Frau anfleht, ihm zu helfen, und er erfahren muss, dass sie sich mit einem Rettungstrupp bereits im besagten Zimmer befindet.

Wie so oft im Horrorfilm entpuppt sich das Monster – und nichts anderes als ein Monster im klassischen Sinne ist dieses Zimmer – letztlich als Spiegelung der inneren Zerrissenheit des Protagonisten. Er begegnet seinem Vater, der seine letzten Tage vergessen in einem schäbigen Altersheim fristen musste, und – natürlich! – seiner Tochter Katie, wobei die 11-jährige Jasmine Jessica Anthony eine beeindruckende Performance hinlegt. Da er den Tod seiner Tochter nie verwunden hat, zwingt ihn das Zimmer, das Trauma erneut zu durchleben; in seinen Armen stirbt Katie ein zweites Mal. Fangen die übernatürlichen Erscheinungen noch harmlos an, etwa mit einem sich plötzlich einschaltenden Radiowecker, so werden später nicht nur die Effekte eindrucksvoller, sondern auch die Grenzen, was nun tatsächlich passiert und was nur in der Einbildung des Protagonisten stattfindet, verwischen immer stärker. Was mitunter zu komischen Momenten führt, etwa wenn Enslin plötzlich einen harmlosen Kühlschrank anschreit – welcher kurz zuvor allerdings noch ein Diorama der ganz besonderen Art geboten hatte.

Allzu tiefsinnige Filmkunst darf man von „Zimmer 1408“ nicht erwarten. Håfström gibt der Psyche seiner Hauptperson zwar den notwendigen Raum (durchaus doppeldeutig gemeint), liefert aber keinen Psychothriller ab, sondern bleibt im Rahmen der klassischen Geistererzählung. In diesem Rahmen liefert er allerdings ein erstklassiges Resultat ab und serviert 104 Minuten allerbeste Gruselunterhaltung, die sich von einigen eigenen Zutaten abgesehen erfreulich dicht an die literarische Vorlage hält. Lediglich im Mittelteil gibt es einige Längen, wenn der Stab allzu fest in den Händen der Effektspezialisten landet, für die man aber durch einen schönen, kleinen Plot Twist durchaus entschädigt wird.


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