Rabid – Der brüllende Tod

Rabid - Der brüllende Tod

Rabid – Der brüllende Tod (OT: Rabid); Regie: David Cronenberg; Kanada, 1977.

Darsteller:
Marilyn Chambers (Rose), Frank Moore (Hart Read), Joe Silver (Murray Cypher), Howard Ryshpan (Dr. Dan Keloid), Patricia Gage (Dr. Roxanne Keloid), Susan Roman (Mindy Kent), Roger Periard (Lloyd Walsh), Lynne Deragon (Krankenschwester Louise), Terry Schonblum (Judy Glasberg), Victor Désy (Claude LaPointe), Julie Anna (Krankenschwester Rita), Gary McKeehan (Smooth Eddy) …

Inhalt:

Ein Motorradunfall. Die verletzte Rose ist dabei nur durch eine neuartige, bisher noch nicht angewandte Operationstechnik zu retten. Hautgewebe von ihrem Unterschenkel wird neutralisiert, bevor es auf die Verletzung verpflanzt wird. Während der Neutralisationsphase entstehen allerdings aggressive Mutationsformen der Zelle. Resultat: Die Patientin entwickelt einen Durst nach menschlichem Blut. Ihren Opfern, zumeist männlicher Natur, zapft sie das Blut über einen Stachel, der aus ihrer Achselhöhle wächst, ab. Die Opfer werden durch diesen Stich mit dem „Virus“ infiziert. Die Symptome sind Schüttelfrost, Schweißausbrüche, aggressives Verhalten, Schaum vor dem Mund. Während der Ausnahmezustand in der Stadt verhängt wird, infiziert Rose weitere Opfer …

Kritik:
Ein phallusartiger Stachel, der aus einer vulvaförmigen Öffnung in der Achselhöhle herauswächst, dient zum Blutsaugen – Cronenberg hat sich in „Rabid – Der brüllende Tod“ (aka „Rabid – Bete, dass es dir nicht passiert“ aka „Der Überfall der teuflischen Bestien“) wirklich Mühe gegeben, die Enzyklopädie des Vampirismus um eine besonders bizarre und kranke Variante zu erweitern. Die entstehenden psychologischen Konnotationen werden da gerne mitgenommen, wobei von den eher offensichtlichen freudianischen Auslegungen vor allem die Tatsache heraussticht (!), dass für den „vampirischen Akt“ eine Umarmung Voraussetzung ist, Sinnbild von Zärtlichkeit, Vertrauen und Hingabe.

Cronenberg’sche Topoi wie die aus den Fugen geratene Wissenschaft kommen auch vor, bilden hier aber lediglich den Aufhänger, eine fast schon persönliche Geschichte zu erzählen, das Leiden der Protagonistin Rose (Porno-Starlet Marilyn Chambers) an sich selbst ist für Cronenberg-Verhältnisse ungewöhnlich stark in den Vordergrund gerückt, abweichend von der Regel, dass Einzelschicksale in den Filmen des Kanadiers normalerweise nur eine untergeordnete Rolle spielen. Und Marilyn Chambers macht hier auch einen überraschend guten Job, schafft es, den Zuschauer Empathie für Rose entwickeln zu lassen, die zuerst mit ihrem neuen Blutdurst fertigwerden muss und dann mit der Tatsache, dass sie im Alleingang dabei ist, die Menschheit zu vernichten.

Man fühlt sich ein wenig an alte Romero-Filme der 70er erinnert, an „Crazies“ mit ähnlicher „Alle werden verrückt“-Thematik, an „Dawn of the Dead“ mit ähnlich apokalyptischer Tendenz und sogar an „Martin„, wo auch ein äußerst schriller Vampirentwurf zu bewundern ist, gekoppelt mit dem tristen Portrait einer im Chaos versinkenden Stadt. Cronenberg läuft hier zu unerreichtem Zynismus auf, wenn er die Leichen mit Müllwagen abtransportieren lässt; dennoch hat der Film (von den typischen 70er-Goodies mal abgesehen) weniger Trash-Charakter als der vorangegangene „Shivers„, wo Cronenberg noch ganz ungeniert die Trashsau rausließ. „Rabid“ ist teils von bedrückender Atmosphäre, insbesondere das traurige Ende von Rose, die indirekt Selbstmord begeht, hätte düsterer nicht ausfallen können. Noch klar als Frühwerk erkennbar, hat „Rabid“ zwar einige Schwächen in Tempo und Aufbau, weiß den Zuschauer aber durchaus zu bannen.


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