Motor-Psycho – Wie wilde Hengste

Motor-Psycho – Wie wilde Hengste

Motor-Psycho – Wie wilde Hengste (OT: Motor Psycho); Regie: Russ Meyer; USA, 1965.

Darsteller:
Arshalouis Aivazian (Frank’s Wife), Richard S. Brummer (Ambulance Driver), Joseph Cellini (Dante), George Costello (Doctor), Coleman Francis (Harry Bonner), Haji (Ruby Bonner), Sharon Lee (Jessica Fannin), Steve Masters (Frank), Russ Meyer (Sheriff), Steve Oliver (Brahmin), F. Rufus Owens (Rufus), Alex Rocco (Cory Maddox), Thomas Scott (Slick), Holle K. Winters (Gail Maddox) …

Inhalt:
Die drei Herumtreiber Brahmin, Frank und Rufus machen als Motorradgang mordend und notzüchtigend die Gegend unsicher. Als sie die Frau des Tierarztes Cory Maddox vergewaltigen, sinnt dieser auf Rache. Begleitet wird er von der schönen Ruby, deren Mann von der Bande getötet wurde. Als Cory in der Wüste von einer Schlange gebissen wird, rettet sie ihm das Leben, indem sie das Gift aus der Wunde aussaugt. Es entwickelt sich eine abenteuerliche Verfolgungsjagd, die in ein Showdown hoch in den Bergen mündet. Kann der unterdessen wahnsinnig gewordene Anführer der Truppe bezwungen werden?

Kritik:
Das von Russ Meyer hinterlassene filmische Werk spaltet auch heute noch die Rezipienten. Was für die einen lediglich schnell und billig heruntergekurbeltes Bahnhofskino eines Busenfetischisten ist, stellt für andere ein gelungenes Panoptikum feinster satirischer Seitenhiebe auf den American Way of Life dar. Auch das in ästhetischem Schwarzweiß gedrehte Frühwerk „Motor Psycho“ sperrt sich gegen eine endgültige Festlegung, wenngleich der recht kurze Streifen zunächst wesentlich düsterer und ernster erscheint als Meyers spätere, von vornherein satirisch angelegte Tittenparaden.

Formal wirkt „Motor Psycho“ wie das Gegenstück zu „Faster, Pussycat! Kill! Kill!“ aus dem gleichen Jahr, bloß dass es sich beim marodierenden Trio hier um Männer handelt. Wobei Fans der speziellen Obsession von Russ Meyer aufatmen dürfen, Frauen gibt es dennoch einige zu sehen, und auch wenn es verhüllter und züchtiger als in späteren Werken zugeht, sind natürlich alle beteiligten Damen mit XXL-Oberweite gesegnet – unter anderem begegnen wir in einer Hauptrolle der hinreißenden Haji, die sich fortan zur ständigen Besetzung in den Russ-Meyer-Filmen zählen durfte.

Wirken die drei Männer auf ihren viel zu kleinen Honda-Mopeds anfangs eher halbstark und lächerlich, so verfliegt dieser Eindruck angesichts ihrer zynischen Menschenverachtung und der Kaltblütigkeit bei ihren Taten schnell. Wo diese drei auftauchen, das wird schnell klar, ist der Tod nicht weit. Die eigentlichen Morde und Vergewaltigungen werden, man ist froh darüber, nicht gezeigt, doch schon das jeweilige „Vorspiel“, das Verhöhnen und Drangsalieren der Opfer, ist starker Tobak. Russ Meyer zeichnet das Trio als klassische Outlaws jenseits von Recht und Gesetz und würzt die Story mit einer dicken Prise Gesellschaftskritik: Es stellt sich heraus, dass der Anführer der Bande, der zum Schluss des Films völlig überschnappt und sich in einem imaginären Stellungskrieg wähnt, ein Ex-GI mit Vietnamtrauma ist. Doch auch die „Guten“ sind nicht ohne: So muss sich der Tierarzt Cory Maddox nach der Vergewaltigung seiner Frau vom Sheriff (Russ Meyer selbst in einem Cameo-Auftritt) anhören, es wäre doch alles halb so schlimm, es sei doch nichts passiert, „wofür eine Frau nicht sowieso gebaut“ wäre. Wenig erstaunlich, dass Maddox danach beschließt, die Justiz in die eigenen Hände zu nehmen.

Obgleich wie eigentlich alle Russ-Meyer-Filme auch dieser recht cheesy einherkommt, wozu nicht zuletzt der schrammelige 60er-Jahre-Gitarren-Soundtrack beiträgt, liegen die schauspielerischen Leistungen doch über dem Durchschnitt. Gerade in den ruhigeren Szenen entwickelt der Film beachtliche Kraft, etwa in der anrührenden Episode, als Cory Maddox, nachdem er von einer Schlange gebissen wurde, von Schüttelfrost gepeinigt wird und seine Schicksalsgefährtin Ruby ihn mit ihrem Körper wärmt. Zum Finale hin ist dann wieder Action pur angesagt, wobei der wahrhaft explosive Showdown wie eine frühe Blaupause zum sehr ähnlich gestalteten Schluss von „Supervixens – Eruption“ wirkt.

Insgesamt sitzt „Motor-Psycho“ ein wenig zwischen den Stühlen, kommt zu trashig einher, um seine düstere Story wirklich effektiv transportieren zu können, und ist wiederum zu ernst und düster, um als reine „Ist ja alles nicht so gemeint“-Satire durchzugehen. Dennoch sei der Streifen gerade denjenigen ans Herz gelegt, die Russ Meyer nur von „Im tiefen Tal der Superhexen“ her kennen. Bestens unterhalten wird man in der kurzen Laufzeit voller Action allemal, und schon häufig blitzt durch, dass Meyer, was in der Diskussion um ihn oft vergessen wird, rein schnitttechnisch und von den Mises en scène her besehen sein Handwerk als Regisseur durchaus beherrschte. Wie er auch um Geldgeber nie verlegen war: Alle im Film fahren Toyota, so dass der große Werbehinweis auf ebendiesen Automobilhersteller in den Schlusscredits wenig überraschend kommt.


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