Dracula – Nächte des Entsetzens

Dracula - Nächte des Entsetzens

Dracula – Nächte des Entsetzens (OT: Scars of Dracula); Regie: Roy Ward Baker; Großbritannien, 1970.

Darsteller:
Christopher Lee (Dracula), Dennis Waterman (Simon Carlson), Jenny Hanley (Sarah Framsen), Christopher Matthews (Paul Carlson), Patrick Troughton (Klove), Michael Gwynn (der Priester), Michael Ripper (Gastwirt), Wendy Hamilton (Julie), Anouska Hempel (Tania), Delia Lindsay (Alice, Tochter des Bürgermeisters), Bob Todd (Bürgermeister), Toke Townley (älterer Fuhrmann), David Leland (erster Polizist), Richard Durden (zweiter Polizist), Morris Bush (Bauer) …

Inhalt:
Im Dorf nahe beim Schloss des Grafen Dracula (Christopher Lee) sind erneut Todesopfer durch den Vampir zu beklagen. Die beherzten Einwohner brennen daraufhin das Schloss bis auf die Grundmauern nieder. Doch die Rache des Grafen ist fürchterlich: Fledermäuse attackieren und töten die Frauen und Kinder, die in der Kirche Zuflucht gesucht hatten. Jahre später, das Schloss ist wiederaufgebaut, verschlägt es den Charmeur Paul Carlson (Christopher Matthews) ins Schloss, wo er spurlos verschwindet. Sein Bruder Simon (Dennis Waterman) nimmt zusammen mit seiner Freundin Sarah (Jenny Hanley) beherzt die Suche auf, und schon bald kommt es zur finalen Konfrontation mit Dracula …

Kritik:
Roy Ward Baker, der im gleichen Jahr auch bei der Hammer-Produktion „Gruft der Vampire“ Regie führte, zeigte sich bei der Inszenierung dieses letzten Draculafilms vor historischem Hintergrund (in den folgenden zwei Filmen sollte es den Fürsten der Finsternis in das London der 70er Jahre verschlagen) wenig zimperlich und zeigt einen überaus grausamen Dracula, der nicht nur gewohnt beißfreudig ist, sondern auch schon mal zu Dolch und Schwert greift, um seine Widersacher zu meucheln. Dies führt, zusammen mit dem verheerenden Tun seiner Helfer, der Fledermäuse, zu für Hammer-Verhältnisse ungewohnt blutigen Schockbildern. Doch auch in Sachen Erotik ließ man sich nicht lumpen, es gibt einige verhaltene Nudity-Szenen, und gerne verweilt die Kamera auf den beeindruckenden Dekolletés der vielen hübschen Darstellerinnen.

Bei der Geschichte hieß es: zurück zu den Wurzeln. Einmal mehr wird der klassische Hergang erzählt, dass sich nichtsahnende Besucher, hier drei junge Menschen, in das Schloss verirren, einmal mehr werden mit Dorf, Wirtshaus und Schloss die klassischen Lokalitäten bemüht. An einer Stelle sehen wir Dracula sogar erstmals getreu der Romanvorlage spinnenartig die Mauern seines Schlosses hinaufklettern. Ins Auge fallen leider einige handwerkliche Schwächen des Films, etwa die sehr augenscheinliche Künstlichkeit der Kulissen, die nicht nur auf das schmale Budget, sondern offenbar auch auf teils ungeschickte Ausleuchtung zurückzuführen ist, und recht billig gemachte Effekte (Schlossbrand). Dummerweise entschied man sich auch, den schlechtesten Hammer-Spezialeffekt aller Zeiten, eine enervierend fiepende, erkennbar als Fadenmarionette animierte Gummifledermaus auf Puppenspielniveau, geradezu inflationär einzusetzen, was den Film das eine oder andere Mal böse in Trashgefilde abstürzen lässt. Bei der Erweckungsszene mit einer Blut speienden Fledermaus hat man zunächst eher den Eindruck, in einer Parodie gelandet zu sein. Doch trotz dieser Schwächen stellt sich schon bald zwischen Wirtshaustresen und Schlosstreppe das gewohnte Hammer-Gefühl ein, in liebevollen Dekors und zeitlos-klassischem Ambiente eine gruselige Geschichte erzählt zu bekommen.

Simon Carlson (Dennis Waterman) wirkt mit seiner Beatlesfrisur anfangs etwas milchgesichtig, gewinnt aber durch sein hartes und entschiedenes Auftreten im Laufe der Handlung mehr und mehr an Überzeugungskraft. In der Person des Priesters agiert Michael Gwynn, die sehr ähnliche Physiognomie lässt vermuten, dass er vornehmlich als Peter-Cushing-Ersatz gecastet wurde. Allerdings ist seine Rolle mehr die des passiven Helfers, des wissenden Wegbereiters, den er hin und wieder etwas zu salbungsvoll, aber letztlich doch überzeugend spielt. Viel Bildschirmpräsenz und reichlich Dialogzeilen gingen diesmal an Christopher Lee, der dem Grafen einmal mehr prägnante Konturen verleiht, gentlemanlike und doch stets erkennbar von verhaltener, kühler Grausamkeit getrieben. Gewürzt wird die an sich profane Geschichte noch durch die ausgearbeitete Figur des gequälten Faktotums Klove (Patrick Troughton), dessen Schwanken zwischen devoter Dienstbarkeit und verzweifelter Rebellion (er verliebt sich in das auserkorene Opfer Sarah) filmisch gut ausformuliert wurde.

Aus heutiger Sicht ist „Dracula – Nächte des Entsetzens“ (auch als „Draculas Blutrausch“ vermarktet) ein interessantes Crossover zwischen dem althergebrachten Gothic-Grusel der 50er- und 60er-Jahre-Hammerfilme und neueren, mehr plakativ angelegten Horrorelementen, die deutlich machten, wohin die Reise des Genres ging. Teils hart an der Trashgrenze balancierend, verteidigt der Film seinen Klassiker-Anspruch nur knapp, die guten Schauspieler und die letztlich doch überzeugende Gesamtatmosphäre reißen es aber doch noch einmal heraus.



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