Das Schreckenskabinett des Dr. Phibes

Das Schreckenskabinett des Dr. Phibes

Das Schreckenskabinett des Dr. Phibes (OT: The Abominable Dr. Phibes); Regie: Robert Fuest; Großbritannien, 1971.

Darsteller:
Vincent Price (Dr. Anton Phibes), Joseph Cotten (Dr. Vesalius), Virginia North (Vulnavia), Terry-Thomas (Dr. Longstreet), Sean Bury (Lem Vesalius), Susan Travers (Nurse Allen), David Hutcheson (Dr. Hedgepath), Edward Burnham (Dr. Dunwoody), Alex Scott (Dr. Hargreaves), Peter Gilmore (Dr. Kitaj), Maurice Kaufmann (Dr. Whitcombe), Peter Jeffrey (Inspector Trout), Derek Godfrey (Crow), Norman Jones (Sgt. Schenley), John Cater (Waverley) …

Inhalt:
Eine unheimliche Mordserie versetzt London in Angst und Schrecken: Nach dem Muster der sieben biblischen Plagen meuchelt ein Unbekannter eine Reihe angesehener Ärzte. Inspektor Trout (Peter Jeffrey) wird mit den Ermittlungen in dem mysteriösen Fall betraut. Bald stellt sich heraus, dass alle nun in rapidem Tempo dahinscheidenden Ärzte an eben einer Operation beteiligt waren, bei der die Frau des geheimnisumwitterten Dr. Phibes (Vincent Price) starb. Der Wissenschaftler und leidenschaftliche Organist soll bei einem Autounfall ums Leben gekommen sein. – Aber wo ist seine Leiche?

Kritik:
Der skurrile und pathetische Dr. Phibes, von Vincent Price genial verkörpert, gehört sicher zu den prägnantesten Erscheinungen der Horrorfilmgeschichte, ist zur Ikone der Pop-Art- und Trashkultur geworden. Unvergesslich sein theatralisches Spiel auf der Fahrstuhlorgel mit weit ausholenden Bewegungen, ebenso unvergesslich sein surreales Haus, ein Farbenrausch in Art Déco mit dem mechanischen Orchester „Dr. Phibes‘ Clockwork Wizards“ (unter den Puppenmasken steckten echte Musiker) und auf Leinwänden gemalten 20er-Jahre-Szenerien.

Dr. Phibes‘ Frau Victoria starb einst bei einer Operation, und Phibes selbst ist durch einen Autounfall grausam entstellt und kann nur noch mittels eines Grammophons sprechen, dessen Verbindungskabel er in seinem Hals einstöpselt. Ein bizarres technisches Arrangement, das er gerne und viel nutzt, um in pathetischen Monologen von Liebe und Rache zu sprechen: „Neun haben sie getötet … neun werden sterben … neun Ewigkeiten in der Hölle!“ Phibes führt, assistiert von seiner schönen und stummen Muse Vulnavia (Virgina North), gegen die Ärzte des Operationsteams einen grausamen Rachefeldzug, und einer nach dem anderen fällt seinen ausgefeilten Plänen, die sich an den biblischen Plagen orientieren, zum Opfer.

Price schafft es, trotz versteinertem Gesicht (das mit Kollodium überzogen wurde) und obwohl er keinmal im Film den Mund aufmacht, den ambivalenten Charakter des feinsinnigen Ästheten und Musikliebhabers Phibes, der von Rachegedanken zerfressen ist, aber auch Sinn für schwarzen Humor hat, überzeugend darzustellen. Ergänzend werden seine Empfindungen durch die Musik transportiert, durch das sentimentale Violinenspiel von Vulnavia, die kitschig-blechernen Orchesterweisen der „Clockwork Wizards“ oder sein eigenes, dröhnend bombastisches und klerikales Orgelspiel.

Die an sich recht konventionelle Rachegeschichte wird durch Robert Fuest und sein Team genial umgesetzt, die einzelnen, bizarr inszenierten Morde geben dem Film dabei den episodalen, sprunghaften Charakter eines grellen Comic-Strips. Nach bester englischer Tradition wird die Polizei, angeführt vom energischen Inspector Trout (Peter Jeffrey), als unfähig und vertrottelt dargestellt … stets kommen die Gesetzeshüter zu spät, und einmal gelingt Phibes der geplante Mord auch trotz schärfster Bewachung des Opfers. „Das Schreckenskabinett des Dr. Phibes“ gehört mit zu den besten Horrorkrimis aller Zeiten, ist abgründig, voller Humor – den Vincent Price oft in freier Improvisation einbrachte, etwa sein anerkennender Applaus beim Absturz des Flugzeugs – und unglaublich stilvoll.




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