Mary Shelley’s Frankenstein

Mary Shelley's Frankenstein

Mary Shelley’s Frankenstein (OT: Frankenstein); Regie: Kenneth Branagh; Großbritannien, 1994.

Darsteller:
Robert De Niro (die Kreatur), Kenneth Branagh (Victor Frankenstein), Tom Hulce (Henry Clerval), Helena Bonham Carter (Elizabeth), Aidan Quinn (Captain Robert Walton), Ian Holm (Baron Frankenstein), Richard Briers (Großvater), John Cleese (Professor Waldman), Robert Hardy (Professor Krempe), Cherie Lunghi (Caroline Beaufort Frankenstein), Celia Imrie (Mrs. Moritz), Trevyn McDowell (Justine), Gerard Horan (Claude), Mark Hadfield (Felix), Joanna Roth (Marie) …

Inhalt:
Victor Frankenstein (Kenneth Branagh) ist nicht verrückt – er ist besessen! Über seinen Freund Henry (Tom Hulce) lernt er den obskuren Professor Waldman (John Cleese) kennen. Seitdem treibt Frankenstein nur noch eins: die Idee von der Erschaffung des künstlichen Menschen. Eines Nachts glückt das Experiment. Frankenstein erweckt seine „Kreatur“ (Robert de Niro) zum Leben. Als er im letzten Moment den ganzen Irrsinn seines Tuns erkennt, ist es schon zu spät. Das Grauen ist nicht mehr zu stoppen …

Kritik:
Quasi als Gegenstück brachte Francis Ford Coppola zwei Jahre nach „Bram Stoker’s Dracula“ auch Frankensteins Monster neu auf die Leinwand. Die Regie übertrug er Kenneth Branagh, der vor allem durch seine Shakespeare-Verfilmung „Henry V.“ (1989) bekannt geworden ist und der dann auch gleich noch die Hauptrolle übernahm. Und vielleicht ist seine exaltierte, unruhige und oft übertriebene Darstellung eines getriebenen Geistes auch der größte Schwachpunkt an der monumentalen Verfilmung, die 45 Millionen Dollar Produktionskosten verschlang.

In Hinblick auf Mary Shelleys Buch ist dies sicher die werkgetreueste Verfilmung, Branagh inszeniert „Frankenstein“ als üppiges Drama in maßlosen Dekors, wobei sowohl die überdimensionierte Freitreppe des Frankenstein’schen Anwesens als auch das im Dachstuhl eines Stadthauses angesiedelte Laboratorium in ihren gigantischen Ausmaßen ein gutes Spiegelbild für den megalomanischen Frankenstein sind, dem mit Henry (Tom „Amadeus“ Hulce) ein gutmütiger, aber verblassender Kumpel zur Seite gestellt wird.

In der Story finden sich die Handlungen von „Frankenstein“ und „Frankensteins Braut“ verquickt, wobei hier das Monster Frankensteins Frau Elizabeth (Helena Bonham Carter) umbringt, die er daraufhin als „Braut“ reinkarniert – eine eher zombiehaft wirkende, wüst zusammengeflickte Kreatur, die sich vor Entsetzen selbst in Flammen setzt. Das Monster wird von Robert De Niro verkörpert, hier haben die Maskenbildner eine tolle Arbeit hingelegt, indem sie ein gruselig zusammengeflicktes Gesicht schufen, das Make-up aber so gestalteten, dass De Niro sehr viel Emotion in sein Spiel legen konnte. Dieser ist dann auch heimlicher Hauptdarsteller des Films, auch wenn man bemängeln könnte, dass das Monster hier ein wenig sehr in Richtung Übermensch ausgelegt ist – spätestens bei der Herzausreißszene fühlt man sich ein wenig an „Terminator“ erinnert, in anderen Szenen verkörpert die Kreatur eine ähnlich überlegene Traurigkeit wie Rutger Hauer als Replikant Roy Batty in „Blade Runner„. Seine intensivsten Momente hat der Film in der Konfrontation zwischen Geschöpf und Schöpfer, wenn De Niro voller Vorwurf sagt: „Du hast die Seele vergessen!“

„Mary Shelley’s Frankenstein“ ist großes Kino der großen Gesten und großen Gefühle und trägt oft zu dick auf. Andererseits ist es auch liebevolles Ausstattungskino, was zwar nie „Gothic“-Gefühle aufkommen lässt, sondern eher in der Art eines Historiendramas inszeniert ist, aber mit tollen Bildern wie etwa dem Cholera-geplagten Ingolstadt des 18. Jahrhunderts auftrumpft. Lässt man sich auf den manchmal reichlich pathetischen Stil ein, kann man sich aber auf beeindruckende Weise davontragen lassen von der zeitlosen Geschichte und ihren moralischen und philosophischen Implikationen.


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