Die Fliege

Die Fliege

Die Fliege (OT: The Fly); Regie: David Cronenberg; USA, 1986.


Darsteller:
Jeff Goldblum (Seth Brundle), Geena Davis (Veronica Quaife), John Getz (Stathis Borans), Joy Boushel (Tawny), Leslie Carlson (Dr. Brent Cheevers), George Chuvalo (Marky), Michael Copeman (2nd Man in Bar), David Cronenberg (Gynäkologe), Carol Lazare (Krankenschwester), Shawn Hewitt (Clerk) …

Inhalt:
Der Wissenschaftler Seth Brundle (Jeff Goldblum) experimentiert mit Teleportation, der Übertragung von Materie von einem Ort zum anderen. Er verliebt sich in die Journalistin Veronica (Geena Davis), die er in seine geheimen Pläne einweiht. Veronica, die zunächst nur ein berufliches Interesse an Brundle hat, dann aber immer stärker ihre Zuneigung zu ihm entdeckt, wird die erstaunte Augenzeugin verblüffender Phänomene. Aber noch hat Brundle sein eigentliches Ziel nicht erreicht – die erfolgreiche Teleportation von Menschen. Im alkoholisierten Zustand unternimmt er einen Selbstversuch, der katastrophale Auswirkungen hat. Brundle übersah im Rausch, dass sich bei dem gefährlichen Versuch eine gewöhnliche Hausfliege in der Telepod-Übertragungskabine befand. Seine Körperatome vermischen sich mit denen der Fliege. Die Folgen sind verheerend. Seth Brundle verwandelt sich allmählich in einen grotesken Insektenmutaten. Veronica sucht Hilfe bei ihrem ehemaligen Geliebten Stathis Borans (John Getz). Aber es ist zu spät, der Alptraum ist nicht aufzuhalten. Etwas, das nie existierte, lebt. Die Fliege …

Kritik:
David Cronenberg hasst Remakes. Und tatsächlich ist „Die Fliege“ auch weniger ein Remake des Kurt-Neumann-Klassikers von 1958, sondern eine komplett neue Interpretation der Grundidee. Während bei Neumann das „Monster“ direkt aus dem missglückten Experiment erwuchs und der Film seine Spannung daraus bezog, es erst spät zu zeigen, steigt hier Seth Brundle nach der Teleportationsreise mit der Fliege unversehrt aus dem Telepod (zu dessen Design Cronenberg übrigens durch den Zylinderkopf eines Ducati-Motorrads angeregt wurde). Erst allmählich setzen Veränderungen ein: Brundle entwickelt einen Heißhunger auf Süßes, er hat plötzlich Bärenkräfte, dann werden die Transformationen drastischer …

Insofern ist „Die Fliege“ ein klassisches Horrordrama, das den Leidensweg eines Menschen zeigt, der sich zu einer ungeheuerlichen Mutation entwickelt. Brundle ist kein Mad Scientist, sondern ein zwar etwas exzentrischer, aber liebenswerter und sensibler, wenn auch sehr rationaler Mensch, der das, was mit ihm geschieht, mit Angst und Abscheu durchleidet und gleichzeitig kühl analysiert – bis das Monster in ihm die Oberhand gewinnt. Jeff Goldblum erweist sich als Glücksgriff für die Rolle, er hat genau die richtige Exzentrik, gleichzeitig aber auch eine sehr starke körperliche Präsenz, um alle Phasen der Verwandlung glaubhaft und intensiv darzustellen.

Gleichzeitig ist „Die Fliege“ aber auch ein Liebesdrama mit „Beauty and the Beast“-Elementen; die Journalistin Veronica ist hin- und hergerissen zwischen ihrer Liebe zu Seth und ihrem Abscheu vor dem, was aus ihm wird. Der Film konzentriert sich ganz auf die intensive Beziehung der beiden und ihre Entwicklung, als „Welt von außen“ fungiert Veronicas Ex-Lover und Chef Stathis Borans (John Getz), der als Nebenrolle überraschend vielschichtig angelegt ist: anfangs tut man ihn als fiesen Macho ab, dann ist er wieder hilfreich und väterlich besorgt, dann wieder beißend sarkastisch. Geena Davis als Veronica spielt ihre Rolle sehr lebendig und überzeugend emotional. Vor allem aber stimmt die Chemie zwischen ihr und Jeff Goldblum – was kein Wunder ist, die beiden verliebten sich während der Dreharbeiten tatsächlich und heirateten später. In den Drehpausen spielte Goldblum manchmal auf dem Klavier, und Geena Davis sang dazu. Schließlich ist in einem Mini-Auftritt auch noch Cronenberg selbst zu sehen, in einer Traumsequenz spielt er einen Gynäkologen.

Cronenberg hat in seinem bis dahin besten Film die Fleischmutationen aus „Scanners„, „Die Brut“ oder „Videodrome“ zusammengebracht mit dem psychischen Horror eines Dornenwegs, wie er ihn auch in „Dead Zone“ gezeichnet hat. Ähnlich wie in der Stephen-King-Verfilmung sieht sich auch hier der Protagonist einer allmählichen Verwandlung unterzogen, die ihn gleichzeitig von seiner großen Liebe und von der menschlichen Gesellschaft separiert. Doch obgleich Cronenberg eher auf die psychischen Aspekte denn auf Schockmomente setzt, werden diese hier keineswegs vernachlässigt. Die einzelnen Stufen der Verwandlung von Brundle wurden vom Special-Effects-Experten Chris Walas genial umgesetzt, schockierend und eklig, dennoch überwiegt auch in den scheußlichsten Momenten das Mitleid mit der „Brundle-Fliege“. Zu Recht wurde die Maske mit einem Oscar prämiert. Mit seinem Remake von „Die Fliege“ hat Cronenberg einen großen Klassiker des Horrorgenres geschaffen. Höchstwertung!



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