Das Leichenhaus der lebenden Toten

Das Leichenhaus der lebenden Toten

Das Leichenhaus der lebenden Toten (OT: Non si deve profanare il sonno dei morti); Regie: Jorge Grau; Italien, 1974.

Darsteller:
Cristina Galbó (Edna), Ray Lovelock (George), Arthur Kennedy (der Inspektor), Aldo Massasso (Kinsey), Giorgio Trestini (Craig), Roberto Posse (Benson), José Lifante (Martin), Jeannine Mestre (Katie), Gengher Gatti (Keith), Fernando Hilbeck (Guthrie), Vera Drudi (Mary), Vicente Vega (Dr. Duffield), Francisco Sanz (Perkins), Paul Benson (Wood), Anita Colby (Krankenschwester) …

Inhalt:
Als der Londoner Kunsthändler George für ein paar Tage aufs Land fahren will, wird sein Motorad an der Tankstelle von einer jungen Frau angefahren. Daraufhin setzen sie die Reise gemeinsam fort. Edna möchte ihre drogenabhängige Schwester besuchen, die auf Entzug gehen soll. Als George unterwegs einen Bauern nach dem Weg fragt, wird Edna von einem verlumpt aussehenden Mann angegriffen. Merkwürdig dabei ist, dass der auf ihre Beschreibung passende Mann vor ein paar Tagen ertrunken ist. Auch der Schwager der jungen Frau wird von ihm attackiert und umgebracht. Der verknöcherte Polizeichef verdächtigt Ednas Schwester des Mordes. Als George und Edna Nachforschungen anstellen, finden sie heraus, dass ein vom Landwirtschaftsministerium entwickelter Test zur Ungeziefervernichtung mittels radioaktiver Strahlung dafür verantwortlich ist, dass kürzlich Verstorbene aus dem Reich der Toten zurückkehren. Bei dem Versuch, den Sarg des Landstreichers zu untersuchen, geraten sie in eine Falle und werden von Zombies angegriffen …

Kritik:
Bereits die ersten Bilder dieses 1974, also noch vier Jahre vor Romeros wegweisendem „Dawn of the Dead“ entstandenen Zombiereißers von Jorge Grau stecken die Marschroute ab: Das London der 70er Jahre erscheint als düsterer, verpesteter Großstadtmoloch, plakativ verdeutlicht durch Close-ups auf Autoauspuffe, die hier noch ohne Katalysator die Rückstände verbleiten Benzins in die Gegend pusten dürfen. Unvermittelt und unbemerkt von der grauen Masse sieht man eine nackte Frau durch die Straßenszenerie laufen, symbolischer Ausdruck der Schutzlosigkeit des Menschen wie auch des neuen, freien Denkens der Love-and-Peace-Generation.

Die Zombies hingegen sind ein Produkt der „Väter“-Generation, schreckliche Folge eines unreflektierten Fortschrittglaubens, der sich im unbekümmerten Umgang mit radioaktiver Strahlung niederschlägt – speziell die Ursache der Insektenvernichtung sollte Jean Rollin drei Jahre später in seinem „Les Raisins de la Mort“ wieder aufgreifen. Der Konflikt zwischen den Generationen verdichtet sich in den Personen des Kunsthändlers George (Ray Lovelock), einem Freigeist und Hippie, und dem (namenlosen) Polizeichef (Arthur Kennedy), ein reaktionärer Vertreter von Law and Order voller Vorurteile, für den sofort feststeht, dass nur George als Täter für die unerklärlichen Morde in Frage kommt.

Trotz des umwelt- und gesellschaftskritischen Ansatzes haben wir es hier mit einem echten Zombieschocker kommerzieller Prägung zu tun, der nicht mit blutigen Effekten geizt, auch wenn deren Ausführung aus heutiger Sicht nicht mehr ganz überzeugen kann. Jorge Grau kreierte aber auch einige Szenen voll unerträglicher Spannung und Suspense, etwa die klaustrophobischen Momente in der Gruft. Hinzu kommt ein überraschend zynisches und düsteres Ende, das gleichwohl einige Anflüge schwarzen Humors hat. Die überaus schönen Landschaftsaufnahmen des langsam startenden, aber dann rapide an Fahrt aufnehmenden Films tun ein Übriges, dass man hier eine bedenkenlose Empfehlung aussprechen kann. Nicht zuletzt aufgrund der reißerischen deutschen Verleihtitel – der Film lief auch als „Invasion der Zombies“ im Kino – wohl einer der unterschätztesten Zombiefilme überhaupt.


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