Das Geheimnis der Todesinsel

Das Geheimnis der Todesinsel

Das Geheimnis der Todesinsel (OT: La Isla de la Muerte); Regie: Mel Welles; Spanien, Deutschland, 1967.


Darsteller:
Cameron Mitchell (Baron von Weser), George Martin (David Moss), Elisa Montés (Beth Christianson), Rolf von Nauckhoff (James Robinson), Matilde Muñoz Sampedro (Myrtle Callihan), Kai Fischer (Cora Robinson), Hermann Nehlsen (Prof. Jules Demerest), Mike Brendel (Baldi, der Diener), Ricardo Valle (Alfredo) …

Inhalt:
Baron von Weser lebt zurückgezogen auf einer Mittelmeerinsel und betreibt dort dubiose botanische Studien. Notgedrungen, die Forschungen kosten Geld, beherbergt der Forscher Touristengruppen in seinem schlossähnlichen Anwesen, und mal wieder hat sich eine gemischte kleine Schar abenteuerlustiger Reisender eingefunden. Getrübt wird der Aufenthalt schon zu Beginn, als ein offenbar verwirrter Mann vor das Auto mit den ankommenden Gästen läuft und totgefahren wird. Es sei sein Koch gewesen, beschwichtigt der Baron, und er sei ohnehin todkrank gewesen. Doch bald gibt es auch unter den Gästen Todesopfer zu beklagen. Stehen die mysteriösen Morde vielleicht mit den unheimlichen genetischen Pflanzenversuchen in Verbindung, die der Baron in seinem Labor betreibt?

Kritik:
„Ein pflanzlicher Vampir – Grauen ohne Ende“, verspricht das Cover des alten Videobands plakativ, und spätestens, als der ölige Baron seinen Gästen zeigt, wie man Pflanzen mit Mäusen füttert, dürfte auch nicht so im Genre bewanderten Zuschauern klar sein, wo der Hase im Pfeffer liegt. Mel Welles, dessen „Lady Frankenstein“ immer mal wieder in den dritten Programmen herumgereicht wird, gilt als engagierter, seinen Sujets leidenschaftlich zugetaner Regisseur, der flache Skripte oder Budgetmangel lediglich als Herausforderung sieht und sein zwar zweifelsohne vorhandenes, aber einen auch nicht vor Ehrfurcht auf die Knie sinken lassendes Talent mit einem hohem Maß an Enthusiasmus komplettiert.

So auch hier. Die gesamte Konstruktion des Films ist auf einen Blick als das klassische Zehn-kleine-Negerlein-Prinzip erfassbar, und es dürfen höchstens Wetten abgeschlossen werden, wen es zuerst erwischt, was aber auch keine große Überraschung darstellt, wenn man verinnerlicht hat, dass in Horrorfilmen sexuelle Promiskuität traditionell schnell Strafe nach sich zieht. Als ausgemachtes Luder Cora fungiert die gebürtige Tschechin Kai Fischer, die damals, beispielsweise in den Edgar-Wallace-Adaptionen, bereits auf Rollen von zwielichtigen und leichten Mädchen abonniert war und in ihrem Part durchaus freudvoll aufgeht.

Auch über den Rest der paneuropäischen Besetzung lässt sich wenig Schlechtes sagen: Cameron Mitchell, Freunden der TV-Western-Serie „High Chaparral“ als Onkel Buck vertraut, gibt den sinistren Mad Scientist ganz in der Tradition etwa von Karloff mit einem Hauch von Grandezza und netten kleinen Ironie-Einsprengseln. So tötet er einen der Gäste, der ihm auf die Schliche zu kommen drohte, und delegiert das heimliche Begräbnis an seinen Diener Baldi, nicht ohne diesem die Ermahnung „Sei umsichtig, er war ein netter Mensch“ mit auf den Weg zu geben. Überhaupt ist, wie häufiger, das Faktotum, schon rein physisch durch den stämmigen Mike Brendel eindrucksvoll verkörpert, einer der heimlichen Stars und darf sich auf die Fahnen schreiben, viel zur insgesamt gelungenen creepy Atmosphäre des Streifens beigetragen zu haben. Aber natürlich gibt es auch schwächere Parts, etwa die nervende Fotografin als gutes Beispiel dafür, dass es eben nicht immer klappt, wenn man versucht, ein Comic Relief zu etablieren. Man freut sich richtig, wenn sie endlich von der Monsterpflanze verschlungen wird.

Womit wir beim zentralen Punkt wären, dem Monster: Zunächst muss Mel Welles zugutegehalten werden, dass er stets um Innovation bemüht war – Pflanzen, in Horrorfilmen ohnehin eher selten als Quell des Grauens vertreten, pflegen ihre Opfer zu erwürgen oder zu verspeisen, eine blutsaugende Pflanze indes darf nicht nur als Novität, sondern auch als Unikum gelten. Leider haperte es ein wenig mit der Umsetzung, eine für teuer Geld fernbedienbare und mechanisch aufwendige Konstruktion soll schlichtweg am Unvermögen der Beteiligten gescheitert sein, so dass man kleinere Brötchen backen musste und auf ein mit unsichtbaren Fäden bewegtes Gummidingsda zurückgriff, dem man immerhin ein durchaus reputierliches, fast psychedelisch anmutendes Design verpasste. Dennoch fühlt man sich im Finale mehr als einmal an Ed Woods legendäre Krake erinnert, wenn die Regieanweisungen an die Opfer offenbar lauteten, beim Kampf mit der Pflanze deren Arme möglichst heftig mitzubewegen, um das Ganze nicht allzu armselig aussehen zu lassen. Doch wenn am Ende Held und Bösewicht mit Äxten (!) aufeinander losgehen, ist man mit derlei Unzulänglichkeiten schnell wieder mehr als versöhnt.

Natürlich hat „Das Geheimnis der Todesinsel“ einiges an cheesy und trashigen Aspekten, nicht zuletzt deshalb sieht man sich diese alten Schinken ja auch an, aber Mel Welles‘ Eurohorror stellt gleichzeitig einen durchaus ernstzunehmenden Eintrag in die Enzyklopädie des Gruselfilms dar: Ein gelungener Spannungsaufbau, gut konzipierte Charaktere, atmosphärische Kulissen und das gut aufgelegte Spiel aller Involvierten lassen über den abstrusen Plot und die an allen Ecken und Enden durchscheinende Knappheit des Budgets gerne hinwegsehen. Und, man muss es einfach noch einmal betonen, eine blutsaugende Pflanze, das hat einfach was, vom Obskuritätsfaktor wird das höchstens noch durch Ferat, das Vampirauto, übertroffen.


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