Das Parfum – Die Geschichte eines Mörders

Das Parfum - Die Geschichte eines Mörders

Das Parfum – Die Geschichte eines Mörders (OT: Perfume: The Story of a Murderer); Regie: Tom Tykwer; Deutschland, 2006.

Darsteller:
Ben Whishaw (Jean-Baptiste Grenouille), Dustin Hoffman (Giuseppe Baldini), Dora Romano (Baldinis Frau), Alan Rickman (Richis), Rachel Hurd-Wood (Laura), Paul Berrondo (Druot), Guillermo Ayesa (Tallien), Anna Diogene (Talliens Frau), Sam Douglas (Grimal), Sara Forestier (Jeanne), Carlos Gramaje (Polizeileutnant auf Fischmarkt), Corinna Harfouch (Madame Arnulfi), Karoline Herfurth (Mirabellen-Mädchen) …

Inhalt:
Paris im Jahre 1738: Auf einem Fischmarkt zwischen Unrat und stinkenden Abfällen kommt Jean-Baptiste Grenouille zur Welt. Sehr früh bemerkt er, dass er einen äußerst ausgeprägten Geruchssinn besitzt und die Welt der Düfte intensiver wahrnehmen kann als jeder andere Mensch. Diese Gabe führt ihn eines Tages zu dem berühmten Parfümeur Baldini, der ihn als Lehrling aufnimmt. Schnell überflügelt der ansonsten schweigsame Sonderling seinen Meister in der Kunst des Duftmischens. Doch werden Düfte zu Grenouilles Obsession. Besessen von der Idee, menschliches Aroma zu konservieren und damit den vollendeten Duft zu komponieren, ermordet er zahlreiche junge Mädchen, deren Gerüche ihn besonders betören. Während in der Parfummetropole Grasse weitere unerklärliche Morde passieren, ahnt der Kaufmann Richis, dass auch seine Tochter Laura in höchster Lebensgefahr schwebt …

Kritik:
„Das Parfum“ muss jetzt schon zu den gelungensten Literaturverfilmungen überhaupt gerechnet werden. Und tatsächlich kann man feststellen, dass Kritik an dem Film fast immer an einem peniblen Film-Buch-Vergleich festmacht und damit dem weitverbreiteten Irrtum aufsitzt, Verfilmungen hätten ein genaues Abbild der literarischen Vorlage zu leisten. Dass dies nicht funktionieren kann, beweist etwa die im Roman einen großen Raum einnehmende deskriptive Erfassung der Gerüche. Hätte Otto Sander – der als Off-Sprecher, lakonisch und doch mit leicht melancholischem Unterton, übrigens einen großartigen Job erledigt – da die Beschreibungen einfach vorlesen sollen? Nein, dann lieber ein Paradiesgarten mit einer Frau, die „Ich liebe Dich“ haucht, bewusst überzeichnet wie die Heilsversprechungen der Werbung.

Der Film lebt insgesamt von seiner düsteren, schweren Atmosphäre, es ist eine Welt, die einen fasziniert, in der man aber sicher nicht leben mag. Grenouille ist mit Ben Whishaw annähernd perfekt besetzt, er hat etwas Anziehendes und Abstoßendes gleichzeitig, obgleich seine Taten und das komplette Fehlen jedwedem moralischen Empfindens widerwärtig sind, kommt man nicht umhin, eine dunkle Sympathie für ihn zu empfinden – ganz besonders natürlich in der Schlüsselszene seines Triumphs („Er ist ein Engel!“) auf dem Hinrichtungsplatz. Die anschließende Orgie ist großartig inszeniert und in ihrer angedeuteten Art von poetischer Schönheit, eine „herbere“ Umsetzung, die sich mehr am entscheidenden Adjektiv „infernalisch“ im Buch orientiert hätte, hätte im Film lediglich schmuddelig gewirkt (und die FSK-12-Freigabe gefährdet).

Es bleiben eigentlich wenig Schwächen zu konstatieren: Der Subplot um die Vater-Tochter-Beziehung zwischen Laura (Rachel Hurd-Wood) und Antoine Richis (Alan Rickman) ist manchmal etwas langatmig, und Dustin Hoffman lässt sich von seiner Baldini-Figur ein wenig zum Over-Acting verleiten, was aber auch als bewusstes Comic relief gesehen werden kann. Auch wirkt der Film manchmal eine Spur zu linear und brav inszeniert, man hätte sich noch mehr so rasante Effekte gewünscht wie die fulminante Einleitung anfangs auf dem Fischmarkt. Aber das sind angesichts des Rausches opulenter Bilder kleinliche Einwände. Ganz großes Kino!


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