A History of Violence

A History of Violence

A History of Violence; Regie: David Cronenberg; USA, 2005.

Darsteller:
Viggo Mortensen (Tom Stall), Maria Bello (Edie Stall), Ed Harris (Carl Fogarty), William Hurt (Richie Cusack), Ashton Holmes (Jack Stall), Peter MacNeill (Sheriff Sam Carney), Stephen McHattie (Leland), Greg Bryk (Billy), Kyle Schmid (Bobby), Sumela Kay (Judy Danvers), Gerry Quigley (Mick), Deborah Drakeford (Charlotte), Heidi Hayes (Sarah Stall), Aidan Devine (Charlie Roarke), Bill MacDonald (Frank Mulligan) …

Inhalt:
Coffeeshop-Wirt Tom Stall (Viggo Mortensen) lebt glücklich und zufrieden mit seiner Frau und den beiden Kindern in einer Kleinstadt. Doch eines Abends wird die Familienidylle gestört: Zwei brutale Räuber überfallen Tom im Coffeeshop. Er erkennt die Gefahr und erschießt die beiden gesuchten Mörder in Notwehr. Weil Tom daraufhin in allen Medien als Held gefeiert wird, steht sein Leben plötzlich Kopf. Tom fühlt sich dabei nicht wohl – er möchte sein normales Leben weiterführen. Doch dann erscheint der geheimnisvolle Carl Fogarty. Er bedroht Tom, weil er meint, in ihm seinen Todfeind Joey entdeckt zu haben.

Kritik:
„Zu mir passt Gewalt, mit Gewalt vertreibe ich die düsteren Wolken“, heißt es in Ovids Metamorphosen. Und düstere Wolken sind es tatsächlich, die über der idyllischen Kleinstadt hängen, in der Tom Stall einen gemütlichen kleinen Imbiss führt. Dem Zuschauer kündigen sie sich bereits im Prolog an, wir sehen ein Gangsterpaar, das eines Quentin Tarantino würdig wäre, welches bei einem Motelüberfall auch nicht davor zurückschreckt, ein kleines Mädchen zu erschießen. Eine bedrückende, schockierende Szene, begleitet vom Lärm der Zikaden, in der der Zuschauer die bleierne, schwüle Hitze, die über dem Ganzen liegt, fast selbst spürt.

Der Kindsmord geschieht im Off – auch David Cronenberg, der Meister des körperlichen Horrors, respektiert gewisse Tabugrenzen. Umso drastischer fallen andere Gewaltszenen des Films aus. Tom Stall (Viggo Mortensen) führt mit seiner Frau Edie (Maria Bello) eine Bilderbuchehe, auch die Kinder sind wohlgeraten, und hat das Nesthäkchen einmal Alpträume, wird es flugs getröstet: Es gibt keine Monster. Der Zuschauer weiß es nach dem Prolog besser, und so ist die Überraschung nicht groß, als das Gangsterpaar alsbald auch in Toms Diner auftaucht. Doch im Moment der Bedrohung mutiert der freundliche Familienvater zur perfekten Kampfmaschine und tötet die beiden; blitzschnell schlägt die Gewalt zu, und verheerend sind ihre Folgen, die Kamera hält noch einmal kurz auf den einen Gangster, dem Tom Stall das halbe Gesicht weggeschossen hat. Die amerikanischen Medien feiern ihn als Helden.

Doch Gewalt zieht Gewalt nach sich, Tom kann nicht mehr in sein altes Leben zurück. Ein weiterer Gangster taucht auf, Carl Fogarty (Ed Harris), mit einer furchtbaren Narbe gebrandmarkt, und er scheint Tom zu kennen, nennt ihn Joey, und bedroht seine Familie. Toms Sohn Jack (Ashton Holmes) setzt sich in der Schule gegen einen Mitschüler zur Wehr, der ihn mobbt, und muss sich in einer Schlüsselszene vor seinem Vater rechtfertigen: „In dieser Familie lösen wir nicht Probleme, indem wir andere schlagen“, sagt dieser. „Nein, in dieser Familie erschießen wir die anderen“, entgegnet der Sohn – und fängt sich vom Vater eine Ohrfeige.

Für Cronenberg-Verhältnisse ist „A History of Violence“ ein überraschend kommerzieller und gradliniger Film geworden, und doch gibt es ein typisches Element, das die Filme des Kanadiers stets bestimmte: das der Metamorphose, der schleichenden Veränderung. Es werden die Veränderungen und Reaktionen beschrieben, die die Gewalt bewirkt und hervorruft. Nicht zuletzt dank des äußerst souveränen Spiels aller beteiligten Schauspieler ist Cronenberg ein hoch spannendes Psychodrama mit verstörenden Actioneinlagen gelungen, das einmal mehr die Sicherheit des (amerikanischen) Familienhorts hinterfragt und demontiert.


Beitrag veröffentlicht

in

von

Schlagwörter: