Ghost Dog – Der Weg des Samurai (OT: Ghost Dog – The Way of the Samurai); Regie: Jim Jarmusch; Deutschland, 1999.
Darsteller:
Forest Whitaker (Ghost Dog), John Tormey (Louie), Cliff Gorman (Sonny Valerio), Dennis Liu (Chinese Restaurant Owner), Frank Minucci (Big Angie), Richard Portnow (Handsome Frank), Tricia Vessey (Louise Vargo), Henry Silva (Ray Vargo), Gene Ruffini (Old Consigliere), Frank Adonis (Valerio’s Bodyguard), Victor Argo (Vinny), Damon Whitaker (Young Ghost Dog), Kenny Guay (Boy in Window), Vince Viverito (Johnny Morini), Gano Grills (Gangsta in Red) …
Inhalt:
Ghost Dog lebt über der Welt, unter Vögeln, in einer Hütte, die er auf dem Dach eines verlassenen Gebäudes errichtet hat. Ghost Dog ist ein professioneller Killer, der im Dunkel der Nacht verschwindet und sich unbemerkt durch die Stadt bewegen kann. Sein Leitfaden ist ein alter Verhaltenscodex der Samurai. Als Ghost Dogs Grundsätze von der verstörten Mafiasippe, die ihn gelegentlich beschäftigt, sträflich missachtet werden, reagiert er strikt im Einklang mit dem Weg des Samurai.
Kritik:
Jim Jarmuschs farbiger Held Ghost Dog, von Forest Whitaker in einer grandiosen Mischung aus Lakonie und Schwermütigkeit gespielt, ist ein Mann mit vielen Facetten: Als Brieftaubenzüchter lebt er in einem Verschlag auf einem Flachdach irgendwo in einem industriedurchsetzten Vorort von New York, er ist Auftragskiller für die Mafia, befolgt aber gleichzeitig streng den Ehrenkodex der Samurai, wie er von Tsunetomo Yamamoto im „Hagakure“ aufgeschrieben steht – ein Buch, aus dem im Film dann auch gerne und oft zitiert wird. Die einzigen Freunde des Einzelgängers sind ein haitianischer Eisverkäufer, der nur Französisch spricht, und ein kleines Mädchen, beides zufällige Parkbekanntschaften.
Fernöstlicher Zenbuddhismus trifft auf New Yorker Großstadtleben trifft auf Rap- und Ghetto-Kultur trifft auf italienische Mafiatradition: Es ist viel, was Jarmusch in seinen Film hineinpackt, das hätte auch leicht ins Auge gehen können. Doch das Ergebnis ist ein beeindruckendes, bewegendes Drama geworden, eine fein gesponnene Tragikomödie, zusammengehalten nicht zuletzt durch den rhythmisch pulsierenden und dennoch melancholisch-ruhigen Soundtrack von Wu-Tang-Clan-Mitglied RZA (der auch einen kurzen Gastauftritt hat), fette, gemächliche Beats. Die Sympathien hat natürlich der zwar eiskalt mordende, aber Tiefgründigkeit ausstrahlende Ghost Dog auf seiner Seite, die Mafia-Mitglieder werden grotesk klischeehaft überzeichnet, ihr Ehrenkodex erscheint gegenüber der Zeitlosigkeit japanischer Weisheit überholt und überaltert.
Jarmusch hat in „Ghost Dog“ eine atmosphärisch verdichtete Parallelwelt mit skurrilen Figuren geschaffen, eine Liebeserklärung an den Individualismus – man denke etwa an den Bootsbauer auf dem Dach – und gleichzeitig an die Freundschaft, die Kultur- und Sprachbarrieren überwindet. Sein Ghost Dog ist ein komplexer, widersprüchlicher und zutiefst melancholischer Held, der sich in wiegender Gangart wie in Trance durch das moderne New York bewegt, die kleinen und großen Absurditäten um sich herum mit ruhiger Gelassenheit in sich aufnimmt und letztlich doch an der Strenge des selbstauferlegten Regelwerks zugrunde gehen muss.