Being John Malkovich

Being John Malkovich

Being John Malkovich (OT: Being John Malkovich); Regie: Spike Jonze; USA, 1999.

Darsteller:
John Cusack (Craig Schwartz), Cameron Diaz (Lotte Schwartz), Ned Bellamy (Derek Mantini), Eric Weinstein (Vater bei Puppenshow), Madison Lanc (Tochter bei Puppenschau), Octavia Spencer (Frau in Aufzug), Mary Kay Place (Floris), Orson Bean (Dr. Lester), Catherine Keener (Maxine Lund), K.K. Dodds (Wendy), Reginald C. Hayes (Don), Byrne Piven (Captain Mertin), Judith Wetzell (kleine Frau), John Malkovich (John Horatio Malkovich), Kevin Carroll (Taxifahrer) …

Inhalt:
Craig Schwarz ist Puppenspieler und ein armer Hund. Die Öffentlichkeit ignoriert ihn, seine Frau Lotte ist ein reizarmes Neutrum, und Craigs künstlerische Berufung bleibt fruchtlos. Sein neuer Job als Aktensortierer in 7½ten Stockwerk eines Geschäftshauses bedeutet auch nur nüchterne Demütigung – wäre da nicht seine schöne Kollegin Maxine und eine geheimnisvolle Tür hinter einem Aktenschrank. Kriecht man durch den dahinterliegenden dunklen Gang, landet man für fünfzehn Minuten im Kopf des egozentrischen Schauspielers John Malkovich. Das große Geld witternd, gründet Craig zusammen mit Maxine ein Reisebüro, das Kurzurlaube in Malkovich vermittelt. Alles läuft wie geplant – bis eines Tages der Schauspieler persönlich auftaucht, um selbst diesen Trip anzutreten.

Kritik:
Wer hat sich das nicht schon gewünscht? Einmal jemand anders sein, vielleicht mal ein berühmter Schauspieler. Und sei es auch nur für 15 Minuten. Genau diesen Wunsch hat Spike Jonze, der vorher nur durch einige, wenn auch originelle Videoclips aufgefallen ist, in „Being John Malkovich“ zum zentralen Thema erhoben. Durch ein Türchen geht es durch einen Tunnel direkt in den Kopf von John Malkovich und wir sehen die Welt mit seinen Augen, bis der Ausflug eine Viertelstunde später auf einer Autobahnböschung endet.

Spike Jonze, der auf ein Drehbuch des Ausnahmetalents Charlie Kaufman zurückgreifen konnte, präsentiert einen Strudel aberwitziger Ideen, lässt den Zuschauer aber nicht darin ertrinken, sondern nimmt ihn bei der Hand und gewöhnt ihn nach und nach an immer abstrusere Gegebenheiten. Schon allein das Chaotenpaar Craig und Lotte, für das John Cusack und Cameron Diaz viel Mut zur Hässlichkeit beweisen, er Loser mit trotzigem Glauben an sich selbst, sie sich mit mütterlicher Hingabe dem Privatzoo widmend, den sie in der gemeinsamen Wohnung aufgebaut hat, gäbe Stoff genug für eine Komödie her. Doch dann wird es richtig absurd mit der Location des halben Stockwerks, dessen 1,50 m Raumhöhe alle Angestellten der LesterCorp in einen demütig gebückten Gang zwingt. Hinzu kommt die Sekretärin Florence mit akuten Verständnisproblemen („Du siehst gut aus, Flo!“ – „Ein Gutshausklo?“), was ihren Chef Lester wiederum glauben lässt, er hätte einen Sprachfehler.

So sind wir schon mittendrin in der bizarren Welt des Films und schlucken bereitwillig die Hauptattraktion, besagten Gang in Malkovich‘ Kopf, den Craig zufällig in der Firma entdeckt. Wir sind sogar kaum verwundert darüber, dass die Protagonisten kaum verwundert sind. So kann Jonze mit einem wirklich irren Dreh- und Angelpunkt eine Ménage-à-trois inklusive Wirtskörper abspielen, die von Machtverhältnissen, sexuellen Begierden, Identitätsfragen und -krisen handeln mag, vor allem aber sehr komisch ist. Entsprechend vergnügt und vergnüglich wird aufgespielt, besonders Catherine Keener überzeugt in der Rolle des berechnenden Büroluders. Souverän alle an die Wand spielt jedoch John Malkovich, der sehr selbstironisch sein Image karikiert (sich sogar einen „Horatio“ als mittleren Namen anhängen lässt) und mit sichtlichem Vergnügen die eigene Demontage inszeniert.

Es ist der Puppenspieler und Loser Craig, der irgendwann wortwörtlich alle Fäden in der Hand hat, seine Hybris am Ende aber sehr hart bezahlen muss. „Being John Malkovich“ ist etwas, das es leider nicht sehr oft gibt: Eine wirklich intelligent gemachte Komödie voll des Wortwitzes und der grotesken Einfälle, die überdies mit eindrucksvollen Bildern aufwartet. Besonders die Malkovich-in-Malkovich-Szene bleibt haften, aber auch die Verfolungsjagd von Lotte und Maxine in seinem Unterbewusstsein; und, als Schlüsselszenen von erhabener Schönheit: die sorgsam inszenierten und technisch brillanten Puppenspielszenen, für die der international renommierte Marionettenspieler Phillip Huber verantwortlich zeichnete, wie etwa der „Tanz der Verzweiflung“ (später im Film von John Malkovich als „menschliche Puppe“ Schritt für Schritt nachvollzogen), die dem Film an entscheidenden Stellen Seele einhauchen.


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