Solaris

Solaris

Solaris (OT: Soljaris); Regie: Andrei Tarkowski; Sowjetunion, 1972.

Darsteller:
Natalya Bondarchuk (Hari), Donatas Banionis (Kris Kelvin), Jüri Järvet (Dr. Snaut), Vladislav Dvorzhetsky (Henri Berton), Nikolai Grinko (Kelvins Vater), Anatoli Solonitsyn (Dr. Sartorius), Sos Sargsyan (Dr. Gibarian), Olga Barnet (Kelvins Mutter), Tamara Ogorodnikova (Tante Anna), Georgi Tejkh (Prof. Messenger), Yulian Semyonov (Vorsitzender der Wissenschaftlerkonferenz), Olga Kizilova (Gibarians Gast) …

Inhalt:
Der Psychologe Kris Kelvin (Donatas Banionis) wird zum Planeten Solaris geschickt, um mysteriöse Ereignisse auf der dortigen Forschungsstation aufzuklären. Der Planet spiegelt als kollektives Bewusstsein, gleich einem unendlichen Ozean, die Erinnerungen, Ängste und Wünsche der Kosmonauten wider und materialisiert ihre Gedanken. Kelvin trifft bei seiner Ankunft auf die übrig gebliebenen zwei Mitglieder der ursprünglich 85-köpfigen Besatzung. Die anderen starben aus unerklärlichen Gründen oder brachten sich um. Kelvin selbst begegnet kurz nach seiner Ankunft seiner Frau Hari (Natalya Bondarchuk), die Jahre zuvor Selbstmord begangen hatte und an deren Tod er sich schuldig fühlt. Das Forschungsvorhaben wird für die Besatzung des Raumschiffs zur metaphysischen Reise in die Innenwelt ihrer eigenen Kultur und an die Grenzen des menschlichen Seins.

Kritik:
„Solaris“ ist die Verfilmung eines Romans von Stanislaw Lem durch den Meisterregisseur Andrei Tarkowski und gilt als russische Antwort auf Kubricks „2001 – Odyssee im Weltraum„. Doch obgleich beiden Filmen zueigen ist, tiefste philosophische Menschheitsfragen in eine Weltraumsaga zu packen, könnte die Vorgehensweise kaum unterschiedlicher sein: Während Kubrick zuvor ungesehene Spezialeffekte in den Vordergrund hob, lässt Tarkowski tief in das Innenleben seines Protagonisten blicken. Gemeinsam ist beiden Filmen der langsame Rhythmus, wobei Tarkowskis Epos noch einiges mehr an Geduld beim Zuschauer fordert – etwa wenn sich auch scheinbar profane Dinge wie eine Fahrt über Stadtautobahnen endlos lang erstrecken.

Im Zentrum des Geschehens steht mit Kris Kelvin ein Psychologe, der eigentlich seltsame Vorkommnisse an Bord der Raumstation, die um den Planeten Solaris kreist, erforschen soll – und der bald feststellen muss, dass er nicht Untersuchender, sondern selbst Untersuchungsgegenstand ist. Denn Solaris ist nicht nur ein Planet, sondern – in Gestalt des Ozeans, der die gesamte Planetenoberfläche bedeckt – auch ein intelligentes, denkendes Wesen mit immensen telepathischen Kräften, in der Lage, Gedanken und Sehnsüchte zu materialisieren. Das Universum, das der Mensch bereist, um seine Grenzen zu erweitern, erweist sich als die Instanz, die ihn in seine Grenzen zurückweist.

Mit mehr als 2 ½ Stunden Spieldauer ist „Solaris“ ein Film, auf den man sich – schon rein zeitlich besehen – einlassen muss, der zunächst zäh erscheint, spannungsarm, mit langgezogenen Dialogen, abgefilmt in ruhigen, wenig packenden, jedoch oft sehr suggestiven und metaphorisch verklärten Bildern. Doch hat man die Wellenlänge des Films erst einmal erfasst, wird man mitgenommen auf eine hypnotische und transzendente Reise ins Innerste des Menschen. Dass Donatas Banionis den Protagonisten etwas unterkühlt spielt, ist dabei offenbar Konzept – dient er doch nur als Stellvertreter für „den Menschen an sich“, der auch, wenn er den Blick nach vorne gerichtet hat, stets die Fesseln seiner Erinnerungen mit sich trägt. Und so erstaunt es nicht, dass die ergreifendste schauspielerische Leistung ausgerechnet von Natalya Bondarchuk geboten wird, deren Hari, mit der man wohl am meisten fühlt und leidet, nichts weiter als eine Projektion ist.


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