Lebendig begraben

Lebendig begraben

Lebendig begraben (OT: The Premature Burial); Regie: Roger Corman; USA, 1962.

Darsteller:
Ray Milland (Guy Carrell), Hazel Court (Emily Gault), Richard Ney (Miles Archer), Heather Angel (Kate Carrell), Alan Napier (Dr. Gideon Gault), John Dierkes (Sweeney), Dick Miller (Mole), Clive Halliday (Judson), Brendan Dillon (Minister) …

Inhalt:
Guy Carell (Ray Milland) glaubt, dass er nach der Beerdigung seines Vaters noch Schreie von ihm in der Grabkammer gehört hat. Der eigenwillige Guy vermutet, dass sein Vater nach dem Herzinfarkt doch noch nicht wirklich tot war und somit lebendig begraben wurde. Seit diesem Erlebnis hat er selber panische Angst, so zu enden. Mysteriöse Ereignisse und Familienmitglieder, die offensichtlich ein falsches Spiel spielen, sorgen dafür, dass seine Angst weiter wächst.

Kritik:
„Lebendig begraben“ sticht insofern aus der Corman’schen Reihe der Poe-Filme heraus, als dass hier ausnahmsweise nicht Vincent Price die Hauptrolle spielt – dieser war vertraglich anderweitig gebunden. Stattdessen konnte man Ray Milland für den Film gewinnen, der schon 1945 für die Darstellung des alkoholkranken Schriftstellers Don Birnam in Billy Wilders „Das verlorene Wochenende“ einen Oscar bekam, spätestens seit seiner Rolle als Tom Wendice in Hitchcocks „Bei Anruf Mord“ (1954) einem größeren Publikum bekannt war und 1963 – ebenfalls unter der Regie von Corman – als „Der Mann mit den Röntgenaugen“ Furore machen sollte. Obgleich die Rolle des depressiven, von Neurosen und Ängsten geplagten Guy Carell sicher auch Price gut angestanden hätte, weiß Milland mit einem eher zurückhaltenden, ruhigen Spiel voll zu überzeugen, und auch Hazel Court als seine Frau Emily meistert ihren Part als (scheinbar) besorgte Ehefrau hervorragend.

Die Künstlichkeit des Sets wird hier mit allgegenwärtigem, wallendem Nebel von Corman bewusst auf die Spitze getrieben, was dem Film eine beklemmende Atmosphäre verleiht, die sehr gut zum klaustrophobischen Thema des Lebendig-begraben-Seins passt. Das Motiv der Poe’schen Kurzgeschichte wurde eingebettet in die Geschichte einer perfiden Intrige mit tödlichen Folgen, deren Pointe allerdings für diejenigen, die sich vorher „Das Pendel des Todes“ angesehen haben, nicht sonderlich überraschend kommt.

Doch die große Stärke des Films liegt mehr in der genauen Nachzeichnung der phobischen Ängste von Guy Carell. Die Paranoia geht so weit, dass er sich ein absurdes Mausoleum erbaut mit allerlei Sicherheitsvorkehrungen und weiteren Sicherheitsvorkehrungen für den Fall, dass die ersten Sicherheitsvorkehrungen versagen: Ein Sarg mit von innen leicht zu öffnenden Federdeckel, der gleichzeitig Werkzeug zum Aufbrechen des Deckels enthält, von innen leicht zu öffnende Türen und gleichzeitig eine Strickleiter, um über das Dach hinauszugelangen. Einer der Glanzpunkte des Films ist Carells selbstzufriedene Vorführung dieses Bauwerks, das gleichzeitig steingewordene Metapher für seine Entfremdung vom aktiven Leben ist, wobei ihm die morbide Skurrilität seines ganz besonderen Herrenzimmers offenbar gar nicht bewusst ist, das sogar einen Schierlingsbecher bereithält für den Fall, dass es doch kein Entrinnen geben sollte. In einer späteren Alptraumsequenz sehen wir folgerichtig, wie sämtliche Sicherheitssysteme versagen.

Als Zuschauer ahnt man natürlich früh, dass Carell einer Selffulfilling Prophecy ausgesetzt ist, aus der es kein Entrinnen gibt. Konsequent steuert die Handlung auf dieses Ende des tatsächlichen Lebendig-begraben-Seins hin, wobei einige Nebenplots wie etwa die Geschichte der Leichendiebe sogar etwas vernachlässigt werden. Und schließlich weiß der Film, auch wenn man die Intrige in den Grundzügen ahnt, einen überraschenden, ausgeklügelten und recht gruseligen Schlusspunkt zu setzen.



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