Lady Frankenstein

Lady Frankenstein

Lady Frankenstein (OT: La Figlia di Frankenstein); Regie: Mel Welles; Italien, 1971.

Darsteller:
Joseph Cotten (Baron Frankenstein), Rosalba Neri (Tania Frankenstein), Paul Muller (Dr. Charles Marshall), Paul Whiteman (das Monster), Herbert Fux (Tom Lynch, der Grabräuber), Renate Kasché (Julia Stack), Lorenzo Terzon (Harris‘ Assistent), Ada Pometti (Bauersfrau), Andrea Aureli (Jim Turner), Joshua Sinclair (John), Richard Beardley (Simon Burke), Petar Martinovitch (Jack Morgan), Adam Welles (Kind), Mickey Hargitay (Captain Harris) …

Inhalt:
Lady Tania Frankenstein schlägt ganz nach ihrem Vater; sie hat Medizin studiert und interessiert sich für obskure Experimente. Als ihr Vater von der eigenen gerade geschaffenen Kreatur dahingemeuchelt wird, fackelt sie daher nicht lange, zusammen mit dem Assistenten Dr. Charles Marshall seine geheimen Versuche zum Erwecken künstlichen Lebens fortzusetzen. Und natürlich nimmt das Schicksal wieder seinen Lauf: Das missgestaltete Monster bricht aus und schon bald sind unter der dörflichen Bevölkerung erste Opfer zu beklagen. Während die Polizei ermittelt, hat Tania Frankenstein bereits wieder neue Pläne: Sie will den kultivierten Geist von Charles Marshall – vulgo: sein Gehirn – in den Körper des gut aussehenden, aber leider zurückgebliebenen Faktotums Thomas verpflanzen …

Kritik:
Durch einige Ausstrahlungen in den dritten Programmen ist dieser megatrashige Ultra-Low-Budget-Horrorfilm, von dem es bis dato keine deutsche DVD-Veröffentlichung gibt, wieder ins Bewusstsein eines ebenso kleinen wie geschmäcklerischen Publikums gedrungen – eines Publikums, welches Dialogzeilen wie „Ich muss ein vollkommenes Geschöpf erschaffen. Ach egal, Hauptsache, ich erwecke es zum Leben“ in all ihrer sophistischen Schönheit zu würdigen weiß.

Als Regisseur zeichnet der 2005 verstorbene Mel Welles verantwortlich, nicht zuletzt bekannt als der Blumengeschäftsbesitzer in der schwarzen Komödie „The Little Shop of Horrors“ (1960) von Roger Corman. Mel Welles muss man sich als ziemlichen Tausendsassa vorstellen, er war als Klinikpsychologie, als Radio-DJ, als Schauspieler und als Regisseur tätig und sprach fünf Sprachen fließend. Letzteres wird ihm beim vorliegenden Multikulti-Exploitation-Meisterwerk sicherlich zugute gekommen sein, denn die Darstellerriege konstituierte sich quer durch alle Nationen: Zu nennen ist der Österreicher Herbert Fux, der neben Udo Kier in „Hexen bis aufs Blut gequält“ und neben Christopher Lee in „Die Folterkammer des Dr. Fu Man Chu“ spielte und nicht nur deshalb unter Trashfans als Ikone angesehen ist. Hier spielt er den sinistren Grabräuber Tom Lynch, und das gar nicht mal so schlecht. Baron Frankenstein wird von Joseph Cotten gespielt („Citizen Kane“, „Der dritte Mann“), der hier schon klar auf dem absteigenden Ast seiner Karriere war. Auch Rosalba Neri, die hier die Titelrolle innehat, ist im Genre keine Unbekannte; unter anderem spielte die schöne Italienerin in Mario Bavas „Vampire gegen Herakles“ die Helena.

Respekt gebührt der Idee, Baron Frankensteins Nachwuchsfrage mit einer Tochter zu regeln (Jess Franco kupferte das ein Jahr später in „Eine Jungfrau in den Krallen von Frankenstein“ freudig ab); auch wenn sie natürlich hauptsächlich Sleaze-Aspekten geschuldet ist, gibt dieser Plot dem Ganzen doch einen veritablen emanzipatorischen Touch. Für die „So schlecht, dass es schon wieder gut ist“-Fraktion ist dieser Film ohnehin ein Muss, aber auch bei etwas objektiverem Hinsehen kann man der Verquickung aus britischer Hammer-Film-Atmosphäre und italienischer Exploitation-Erotik durchaus einiges abgewinnen, bei vielen Einstellungen rund um das Schloss kommt doch so etwas wie eine „gothic“ Atmosphäre auf. Zumindest gilt das für die erste Hälfte des Films, mit fortschreitendem Intrigenspiel der schönen Baroness Frankenstein wird das Gesehene dann immer wirrer und abstruser.

Die Kreatur selbst ist weniger gelungen – auch wenn Mel Welles mächtig stolz auf die Maske gewesen sein soll, kommt speziell in den Monster-on-the-Loose-Szenen eigentlich nur ungewollte Heiterkeit auf, wenn dieser glubschäugige Geselle marodierend durch die Gegend zieht. Aber bei einem Plakatslogan wie „Only the Monster she made could satisfy her strange Desires“ wartet man natürlich sowieso eher auf Sex als auf Crime, und hier wird einem durchaus starker Tobak für die Zeit gegeben – genug, dass der Film für Jahre auf dem Index der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien landete. So verführt Lady Frankenstein etwa den tumben Gehülfen Thomas, um ihn durch ihren Komplizen erwürgen zu lassen, und kommt auf ihm reitend just im Moment, als er seinen letzten Atemzug tut, zum Orgasmus. Allerdings liest sich eine solche Szene hier sicherlich herber als sie tatsächlich wirkt, da der Film einem quasi in jedem Moment ein Schild entgegenhält, auf dem in riesigen Lettern TRASH geschrieben steht.

Abschließend kann man aber sagen: „Lady Frankenstein“ macht Spaß! Auch wenn sich große Schauspielkunst sicher ganz anders buchstabiert, hat man den Eindruck, dass alle Akteure mit Einsatz und Freude dabei gewesen sind, und auch die Story ist gar nicht so unoriginell, wenngleich man wirklich neue Elemente mit der Lupe suchen muss. Ein insgesamt eher unterschätzter Film!


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