In der Schlinge des Teufels

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In der Schlinge des Teufels (OT: The Vault of Horror); Regie: Roy Ward Baker; Großbritannien / USA, 1973.

Darsteller:
1. Daniel Massey (Rogers), Anna Massey (Donna), Mike Pratt (Clive), Erik Chitty (Old Waiter); 2. Terry-Thomas (Critchit), Glynis Johns (Eleanor), Marianne Stone (Jane), John Forbes-Robertson (Wilson); 3. Curd Jürgens (Sebastian), Dawn Addams (Inez); 4. Michael Craig (Maitland), Edward Judd (Alex), Robin Nedwell (Tom), Geoffrey Davies (Jerry); 5. Tom Baker (Moore), Denholm Elliott (Diltant), Terence Alexander (Breedley), John Witty (Gaskill) …

Inhalt:
1. „Midnight Mess“: Harold Rogers beschließt, seine Schwester zu besuchen, die Alleinerbin des väterlichen Vermögens geworden ist – und er kommt nicht zum Gratulieren. Doch diese wohnt in einer finsteren Gegend. 2. „The Neat Job“: Mit seinem zwanghaften Ordnungswahn treibt Arthur Critchit seine Gattin Eleanor buchstäblich in den Wahnsinn. 3. „This Trick‘ll Kill You“: In Indien stößt der Zauberer Sebastian auf einen verblüffenden Seiltrick, den er unbedingt für seine Show haben will – koste es, was es wolle. 4. „Bargain in Death“: Maitland lässt sich lebendig begraben, um die Prämie seiner Lebensversicherung zu kassieren. Doch sein Plan erweist sich als nicht ganz ausgereift. 5. „Drawn and Quartered“: Mit Voodoozauber will sich der Maler Moore dafür rächen, dass er um die Früchte seiner Arbeit betrogen wurde. Doch zuletzt wendet sich der Voodoo gegen ihn selbst.

Kritik:
Nach dem Erfolg von „Geschichten aus der Gruft“ war schnell klar, dass es eine Fortsetzung geben sollte, und so machte man sich daran, weitere fünf Episoden aus den EC Comics zu verfilmen. Gemäß Skript sollte diesmal der grotesk-komische Aspekt der Comics etwas stärker betont werden, was Regisseur Roy Ward Baker, der eher dem klassischen Horror zugetan war, nicht gerade leichtfiel. Doch das Ergebnis kann sich dennoch sehen lassen, was nicht zuletzt auf eine zwar außerhalb Großbritanniens wenig bekannte, aber solide Darstellerriege zurückzuführen ist.

Einmal mehr finden sich in der Rahmenhandlung fünf Personen an einem ungewöhnlichen Ort wieder: Ein Hochhauslift befördert sie ganz nach unten in eine Lounge, wo sie festsitzen – und sich alsbald gegenseitig ihre schlimmsten Alpträume erzählen. Natürlich darf dabei eine Vampirgeschichte nicht fehlen, die hier als Appetizer dient und gleichzeitig die aus den EC Comics bekannte Marschroute vorgibt: Die Strafe für böse Taten folgt auf dem Fuße und fällt drastisch aus. Das muss auch Harold Rogers feststellen, der abgebrüht genug ist, direkt nach dem Mord an seiner Schwester ein Restaurant aufzusuchen, das sich jedoch fatalerweise als lokaler Treffpunkt von Vampiren entpuppt. Die recht kurze Episode ist ganz auf ihre grelle Schlusspointe zugeschnitten, hat aber durchaus Atmosphäre.

In „The Neat Job“ kann sich der bekannte britische Komiker Terry-Thomas als Kontrollfreak mit Ordnungsfimmel voll und ganz austoben, und herrlich inszeniert ist auch die Szene, in der seine Frau nach einem langweiligen Nachmittag mit Musikhören und einem Drink – oder mehreren – vor der Rückkehr ihres Mannes in letzter Sekunde die Wohnung aufräumen will und dabei in unseliger Kettenreaktion immer mehr Chaos verursacht. Man leidet mit ihr. Der wiederum bitterböse Schlussgag zeigt einmal mehr die Seltsamkeiten der EC Comics, in denen Ordnungswahn doch etwas hart geahndet wird. Doch wird hier ja auch die anmaßend-patriarchalische Art bestraft, mit der Critchit seine Frau als etwas bessere Haushälterin herabwürdigt.

Kein Geringerer als Curd Jürgens glänzt in „This Trick‘ll Kill You“ als überheblicher Zauberer, der in Indien zunächst einen Fakir öffentlich bloßstellt und dann dessen Assistentin ermordet, um an ein Seil zu gelangen, das sich mittels einer Flöte wie eine Schlange beschwören lässt. Dass derart rigides Hegemonialgehabe kein gutes Ende finden kann, deutet schon der Episodentitel an, und auch die Ausführung lässt wenig zu wünschen übrig (bis darauf, dass der Zuschauer letztlich nicht erfährt, was genau mit Sebastians Frau passiert ist). Die nächste Episode um einen Versicherungsbetrüger, der sich lebendig begraben lässt, kommt reichlich gestrafft einher, hat aber einige amüsante Wendungen zu bieten und mit Robin Nedwell und Geoffrey Davies zwei Stars, die in England durch „Doctor in the House“ bekannt wurden und hier als Anatomiestudenten Tom und Jerry (!) für Comic Relief sorgen.

Krönender Abschluss ist die bei weitem am sorgfältigsten ausgearbeitete und längste Episode um einen auf Haiti lebenden Maler, dessen Bilder ohne sein Wissen in London teuer verkauft werden. Um sich an den Verantwortlichen zu rächen, bedient er sich einer Abwandlung der Voodoopuppe: Beschädigungen, die den Porträts zugefügt werden, welche er malt, haben unmittelbare Auswirkungen auf die Porträtierten. Dummerweise gibt es da aber auch noch ein Selbstporträt. Man ahnt, in welche Richtung es geht, doch es bleibt die Überraschung, wie genau der Voodoozauber jeweils zuschlägt. Reizvoll auch der Kontrast zwischen dem rätselhaften Haiti und dem geschäftigen London. Tom Baker, der den hippiesken Maler mimt, wurde kurz darauf als „Dr. Who“ auch über England hinaus bekannt.

„The Vault of Horror“ wurde leider kein Erfolg und geriet zum Abgesang der EC-Comics-Verfilmungen von Amicus – nicht zuletzt, weil EC-Chef William Gaines dem Film absolut nichts abgewinnen konnte. Speziell in der Retrospektive gerät der Film aber mit seiner Mischung aus britischem schwarzen Humor und amerikanischem Comic-Trash durchaus zum Vergnügen. Nicht zuletzt bei den grellen 70er-Jahre-Interieurs mit viel Orange kann einem nur das Herz aufgehen.



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