Drácula

Drácula (spanische Version)

Drácula (spanische Version); Regie: George Melford, Enrique Tovar Ávalos; Spanien, 1931.

Darsteller:
Carlos Villarías (Conde Drácula), Lupita Tovar (Eva), Barry Norton (Juan Harker), Pablo Álvarez Rubio (Renfield), Eduardo Arozamena (Van Helsing), José Soriano Viosca (Doctor Seward), Carmen Guerrero (Lucia), Amelia Senisterra (Marta), Manuel Arbó (Martin) …

Inhalt:
Gegen Ende des 19. Jahrhunderts reist der Makler Renfield (Pablo Álvarez Rubio) im Auftrag des englischen Geschäftsmanns Juan Harker (Barry Norton) nach Transsylvanien, um mit dem dort ansässigen Graf Drácula (Carlos Villarías) über Immobilien zu verhandeln. Der Graf entpuppt sich als Vampir, macht Renfield zu seinem Gefangenen und unternimmt eine Schiffsfahrt nach London, wo sein Begehr auf Harkers schöne Geliebte Eva (Lupita Tovar) fällt. Bevor Drácula auch sie zu seiner Sklavin machen kann, schreitet der Vampirjäger Prof. Abraham van Helsing (Eduardo Arozamena) ein.

Kritik:
Die spanische Version von „Dracula“ wurde zeitgleich und in den gleichen Kulissen wie die amerikanische Version gedreht, lediglich mit anderen Schauspielern. Während tagsüber das amerikanische Team arbeitete, gehörte die Nacht den Spaniern. Eine solche Produktionsmethode war damals weniger aufwendig als es die spanischen Synchronisierung des amerikanischen Films gewesen wäre. „Drácula“ galt lange Zeit als verschollen; erst Anfang der 90er Jahre wurde in Kuba eine sehr gut erhaltene Kopie wiederentdeckt.

Die Story ist, von wenigen Details abgesehen, gleich geblieben, wird aber in satten 99 Minuten gegenüber 71 Minuten sehr viel elaborierter, und, darin sind sich die Filmkritiker weitgehend einig, auch eleganter und stimmiger in Szene gesetzt. Carlos Villarías spielt den Dracula auf seine Weise ebenso überzeugend wie Lugosi, und besonders Lupita Tovars Darstellung der Mina, die hier Eva heißt, weiß um einiges mehr zu gefallen als das recht steril-unterkühlte Spiel von Helen Chandler. Allerdings musste man hier auch nicht auf rigide amerikanische Zensurbestimmungen Rücksicht nehmen, so dass die Darstellerinnen hier sehr viel mehr Dekolleté zeigen und auch lasziver agieren dürfen. Hat man sich bei Helen Chandler noch gefragt, was der Graf eigentlich an dieser farblosen Mina findet, so beantwortet Lupita Tovar diese Frage ganz eindeutig. Auch Pablo Álvarez Rubio kann als wahnsinniger Renfield mehr überzeugen, seine Performance ist um einiges beängstigender und eindringlicher als die eher ins Komische schwappende Interpretation von Dwight Frye.

Sehr viel lebhafter ist auch die Kameraarbeit ausgefallen. Auch wenn Carl Freund hin und wieder die suggestiveren Bilder gelangen, konnte George Robinson, der die spanische Version drehte, eine sehr viel dynamischere Kameraarbeit einbringen. Die Raumtiefe wird viel besser ausgenutzt, die Schauspieler bewegen sich hier nicht nur von rechts nach links und umgekehrt, was „Dracula“ teils sehr statisch, wie ein abgefilmtes Bühnenstück, wirken ließ, sondern auch von hinten nach vorne und vice versa. Die lange Laufzeit kam insbesondere den Dialogen zugute, die hier sehr viel liebevoller ausgearbeitet erscheinen – beziehungsweise verdeutlichen, was in der amerikanischen Version alles der Kürzungsschere zum Opfer fiel. Insgesamt ist „Drácula“ der rundum überzeugendere Film geworden und lässt erahnen, welches Potenzial Tod Browning verschenkte.



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