Die Rache der Pharaonen

Die Rache der Pharaonen

Die Rache der Pharaonen (OT: The Mummy); Regie: Terence Fisher; Großbritannien, 1959.

Darsteller:
Peter Cushing (John Banning), Christopher Lee (Kharis / die Mumie), Yvonne Furneaux (Isabell Banning / Prinzessin Ananka), Eddie Byrne (Inspektor Mulrooney), Felix Aylmer (Stephen Banning), Raymond Huntley (Joseph Whemple), George Pastell (Mehemet Bey / Mehemet Akir), Michael Ripper (Wilderer) …

Inhalt:
Eine Expedition unter der Leitung von Stephen Banning entdeckt in Ägypten nach langer Suche das sagenumwobene Grab der Prinzessin Ananka. Banning weckt dabei mit der „Schriftrolle des Lebens“ die Mumie des Hohepriesters Khalis (Christopher Lee) und wird über diesen Zwischenfall wahnsinnig. Angeleitet vom religiösen Fanatiker Mehemet Akir, startet die Mumie Jahre später in England einen Rachefeldzug, dem sowohl der unterdessen in einem Sanatorium untergebrachte Stephen Banning als auch sein Kollege Joseph Whemple zum Opfer fallen. Auch Bannings Sohn John (Peter Cushing), dessen Frau Isabell eine frappierende Ähnlichkeit mit der ägyptischen Prinzessin Ananka (beide: Yvonne Furneaux) hat, ist in großer Gefahr. Wird es John Banning mit der Hilfe von Polizei-Inspektor Mulrooney (Eddie Byrne) gelingen, sich und seine Frau vor dem wieder lebendig gewordenen Hohepriester zu retten?

Kritik:
Wie eigentlich alle Mumienfilme ist auch diese Verfilmung der Hammer Studios aus dem Jahre 1959 auf den Klassiker „Die Mumie“ von 1932 mit Boris Karloff in der Hauptrolle zurückzuführen. Der Mumienstoff erwies sich damals für die Universal Studios als äußerst profitabel; insgesamt vier Fortsetzungen, davon drei mit Lon Chaney jr. als Mumie, ließen in der 40er Jahren die Kassen klingeln. Ursache hierfür ist sicher, dass die zugrunde liegenden Topoi um Liebe, Rache und Vergeltung, wenngleich deutlich einfacher gestrickt als die Geschichten um Dracula und Frankenstein, in Verbindung mit den exotischen Kulissen als Melange aus Horror, Romantik und Abenteuerfilm eine breitere Masse ansprachen als es der eher puristische Gothic Horror um Vampire und Monster leisten konnte.

Völlig klar, dass die Hammer Studios, die zuvor schon Frankenstein und Dracula mit riesigem Erfolg neuverfilmt hatten, auch von diesem Kuchen etwas abhaben wollten. Im Gegensatz zum Frankenstein-Film, bei dem peinlichst genau darauf geachtet werden musste, dass das Monster möglichst wenig wie Karloff aussah, um bestehende Rechte nicht zu verletzen, konnte man sich diesmal ungeniert bei der Vorlage bedienen, da Hammer unterdessen mit Universal einen entsprechenden Verwertungsvertrag abgeschlossen hatte. Man verpflichtete das bewährte Team, das auch schon „Dracula“ und „Frankensteins Fluch“ zum Erfolg geführt hatte: Regie führte Terence Fisher, das Drehbuch schrieb Jimmy Sangster, und in den Hauptrollen glänzten Peter Cushing als Archäologe und Christopher Lee als Mumie.

Gerade vom etwas verwöhnteren heutigen Standpunkt aus gesehen kann der Film speziell in den „ägyptischen“ Szenen wenig punkten. Obgleich man mit dem Hintergrundwissen, dass der Film fast komplett in den Bray-Studios bei London entstanden ist und dass hohe Budgets bei Hammer immer ein Fremdwort waren, auf das Schlimmste gefasst ist, ist schon die erste Szene der Ausgrabungen in Ägypten ernüchternd: Zwei Pappmaschee-Felsen, die den Eingang zum Grab bilden, ein bisschen Sand, ein Zelt, das muss vor einem überdeutlich als künstlich erkennbaren Horizont reichen. Man wähnt sich in einer Theateraufführung. Auch dass die alten Ägypter ihre Gräber mit zwei Holzschwingtüren zu sichern pflegten, deren Griffe mit einer simplen Kordel zusammengebunden wurden, möchte man lebhaft anzweifeln. Und so fantasievoll die quietschbunte Ausstattung in den Rückblenden auch einherkommt, so richtig ägyptisches Feeling will nicht aufkommen, es wirkt alles eher wie eine Mischung aus Art déco und Tausendundeine Nacht in der Woolworth-Variante.

Doch genug des kleinlichen Mäkelns. Denn wenn der Film erst einmal Fahrt aufgenommen hat und wenn sich die Macher wieder in vertrauterem Terrain befinden, nämlich im viktorianischen England, wird es schlicht großartig. Ein wichtiger Unterschied zum Karloff-Film ist, dass die Mumie hier von einem überaus weltlichen Bösewicht fremdgesteuert wird, was Gelegenheit gibt, den tragischen Aspekt und die Zerrissenheit des „Monsters“ Mumie feiner herauszuarbeiten. Das Töten und Rächen ist quasi nur Auftragsarbeit, tatsächlich aber ist das Handeln und Fühlen der Mumie von der jahrtausendealten Liebe zu „seiner“ Prinzessin Ananka bestimmt, eine Liebe, die beim Anblick von John Bannings Frau Isabell neu aufflammt, aber nur ins Verderben führen kann. Einmal mehr ist Christopher Lee in der Monsterrolle eine sichere Bank. Nur mit seinen Bewegungen – stockend, ruckartig, ungelenk am Anfang, dann immer geschmeidiger – und mit einem fantastischen Spiel der Augen haucht er seiner Rolle ungeahntes Leben ein; speziell in der Schlussszene spiegeln sich in Sekundenschnelle alle widerstreitenden Gefühle dieser Welt – Liebe, Furcht, Trauer, Resignation – in seinem Blick.

Einmal mehr großartig ist auch Peter Cushing, der, gentlemanlike wie eh und je, als investigativer Sohn des umgekommenen Forschers selbst ansonsten eher drögen Dialogszenen eleganten Glanz verleiht: Wunderbar, wie er den zwielichtigen Ägypter Mehemet Akir bei einem Hausbesuch aus der Reserve lockt und provoziert. Und wie immer bei den besseren Hammer-Filmen erfreut das ganze Kolorit durch Stimmigkeit und Detailliebe, sei es die schmierige Spelunke, die hier als Sprachrohr von Volkes Stimme dient, oder der unvergessene Michael Ripper, mit einer Rekordzahl an Nebenrollen heimlicher Star von Hammer, als versoffener Wilderer. Summa summarum ist es dann auch diese Spielfreude und das hohe Können der Beteiligten, was den Film auch retrospektiv in Würde gealtert erscheinen lässt – den Trash-Appeal der Hammer’schen Inszenierung vom alten Ägypten nimmt man dann gerne hin, letztlich macht er den Film sogar noch liebenswerter.



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